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       # taz.de -- Wahlkampfthema Gentrifizierung: Grüne gegen Vollverkachelung
       
       > In Berlin fordern grüne Lokalpolitiker dazu auf, Luxussanierungen zu
       > melden. Der Mietenanstieg soll so verhindert werden. Die FDP wertet das
       > als "Denunzierungsaufruf".
       
   IMG Bild: "Bin ich nur renovierende Pionierin oder schon luxussanierende Gentrifizierin", fragt sich die junge Dame in ihrem neu gefliesten Bad.
       
       BERLIN taz | Die FDP wirft den Grünen vor, dass Nachbarschaftsklima in
       Berlin zu vergiften. Der Grund: Die Bezirksgrünen in
       Friedrichhain-Kreuzberg fordern in ihrem Wahlprogramm dazu auf, die
       Nachmodernisierung von Wohnungen in Milieuschutzgebieten mit Parkettböden
       oder vollgefliesten Bädern dem Bezirksamt zu melden. "Die Angst vor
       Bespitzelung mussten viele Menschen aus unserem Bezirk lange genug
       ertragen", sagte Johannes Issmer, Bezirksvorsitzende der FDP
       Friedrichshain-Kreuzberg, gegenüber der taz. Der Ansatz der Grünen ziele
       daher für ihn in die komplett falsche Richtung.
       
       Die Verdrängung von sozialem Wohnraum infolge von Mieterhöhungen ist eines
       der zentralen Themen zur Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses im September.
       "Mit der Ausweisung von Milieuschutzgebieten wollen wir den Anstieg von
       Mieten durch Luxussanierungen verhindern", so das Wahlprogramm der Grünen.
       Zur Luxusmoderniesierung zähle auch die Ausstattung mit Parkettböden oder
       vollverkachelten Bädern, was der Vermieter jedoch nicht beim Bezirksamt
       beantragen müsse - wie es bei sämtlichen anderen Baumaßnahmen in solchen
       Gebieten der Fall ist. "Hier sind die BewohnerInnen aufgerufen, dem Bezirk
       entsprechende Vorhaben zu melden", so der Vorschlag der Grünen.
       
       Für die FDP sei dies laut Issmer ein klarer "Denunzierungsaufruf" und viel
       zu kleinteilig gedacht. "Dies wird kaum für günstigen Wohnraum sorgen",
       sagte er. Auch die CDU hält diesen Vorschlag für absurd. "Günstigen
       Wohnraum erhalte ich doch nicht dadurch, dass ich Instandsetzungsmaßnahmen
       verbiete. Stattdessen bedarf es bestimmter Mietobergrenzen", sagte Kurt
       Wansner, Vorsitzenden der CDU in dem Berliner Bezirk.
       
       "Die Grünen rufen niemanden zur Denunziation auf", erklärt der Grünen
       Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele, der in Kreuzberg zu Hause
       ist. "Da steht ja nicht, dass irgendwelche BewohnerInnen gleich zum
       Bezirksamt rennen sollen, nur weil es oben klopft", sagte er. Es ginge
       vielmehr darum, dass sich die von Sanierung betroffenen MieterInnen gegen
       Luxussanierungen und die damit verbundenen Mieterhöhungen wehren, indem sie
       die Ankündigung solcher Maßnahmen durch den Vermieter den Behörden melden",
       so Ströbele weiter. Das Beispiel mit den Parkettfußböden und den
       vollgefliesten Bädern sei zwar ohne den Verweis auf Luxussanierungen
       unglücklich gewählt, tue aber dem Anliegen keinen Abriss: "Uns Grünen geht
       es darum, bezahlbaren Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen auch im
       Innenstadtbereich zu erhalten", sagte der Politiker.
       
       18 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alexander Budweg
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Wahlen in Berlin
       
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