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       # taz.de -- Der Ölteppich in der Nordsee: Die erste Ölung
       
       > Wer an der Nordsee aufwächst, gewöhnt sich an alles - oder sagen wir: an
       > fast alles. Immer noch besser als die Ostsee.
       
   IMG Bild: Das Meer, die Heimat, muss mit vielem geteilt werden.
       
       Teilen ist edel, teilen ist gut - kennt man alles, die Geschichte mit dem
       heiligen Sankt Martin und seinem Mantel und so. Aber manchmal will man
       nicht teilen. Wer an der Nordsee wohnt, weiß, diese Trotzhaltung bringt
       nichts. Das Meer, die Heimat, muss mit vielem geteilt werden.
       
       Mit Menschen, für die die Nordsee Sehnsuchtsort ist, komplett mit
       Wohnwagenparzelle und beheizbarem Vorzelt hinterm Deich. Die mosern, wenns
       drei Wochen regnet und zwei Wochen die Tide ungünstig ist und das Meer weit
       weg.
       
       Auch an von Containerschiffen gefallene Raviolidosen, Bierflaschen und
       zerlöcherte Pullover gewöhnt man sich mit der Zeit. Nützt ja nichts,
       einfach vorbeischwimmen.
       
       Derzeit breitet sich ein 31 Kilometer langer und bis zu 4,3 Kilometer
       breiter Ölteppich in der Nordsee aus. "Nur" heißt es in vielen Berichten
       beschönigend. Gut, 120 Quadratkilometer mögen gemessen an der 575.000
       Quadratkilometer großen Nordsee mehr Fußmatte als Teppich sein, aber auch
       mit einem Quadratzentimeter Öl mag man die Nordsee nicht teilen.
       
       Schon ist sie wieder da, die schlimmste Erinnerung aus der frühen Jugend,
       als man nach dem Baden panisch die vermeintliche Fäkalie aus dem Dekolleté
       wischte. Die beruhigenden Worte: "Das ist doch nur Öl", machten die Sache
       nicht besser.
       
       Da hadert man mit der Heimat, steht unschlüssig am Ufer, wird trotzig. Und
       geht doch wieder ins Wasser. Arrangiert sich. Auch mit 120 Quadratkilometer
       Ölteppich. Immer noch besser als die Ostsee.
       
       15 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rieke Havertz
       
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