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       # taz.de -- Leck in Shell-Bohrinsel: Ölteppich vor Schottland
       
       > Durch ein Leck an einer Shell-Bohrinsel sollen seit Mittwoch 100 Tonnen
       > Öl in die Nordsee geflossen sein. Umweltschützer werfen dem Konzern
       > Vertuschung vor.
       
   IMG Bild: Saut die Nordsee voll: Die Ölplattform Gannet-Alpha.
       
       LONDON taz | Umweltaktivisten beschuldigen den britisch-niederländischen
       Ölmulti Shell, ein Leck an einer Bohrinsel in der Nordsee vertuschen zu
       wollen. Seit Mittwoch läuft an einem Verbindungsstück zwischen der Quelle
       und der Gannet-Alpha-Bohrinsel, rund 180 Kilometer nördlich der
       schottischen Stadt Aberdeen, Öl ins Meer.
       
       Öffentlich gemacht hat der Konzern das Problem jedoch erst am Freitag. Ob
       das Öl immer noch ausläuft und wie viel bisher in die Nordsee geflossen
       ist, darüber machte er keine Angaben. Schottlands Premierminister Alex
       Salmond schätzte am Sonntag, dass es sich um rund 750 Barrel, etwa 100
       Tonnen, handeln müsse. Er kündigte eine Untersuchung an.
       
       Shell versuchte zu beschwichtigen. Das Leck sei "nicht bedeutend" und
       weitgehend unter Kontrolle, hieß es in einer Presseerklärung. Man habe
       einen Unterwasserroboter eingesetzt, um den Schaden zu begutachten. Das Öl
       bedecke etwa 130 Quadratkilometer, aber es sei aufgrund der
       Wetterbedingungen unwahrscheinlich, dass es die Küste erreichen werde. Ein
       Schiff mit Bindechemikalien stehe bereit – Öl ist auch auf offener See eine
       Gefahr für Meerestiere und Vögel. "Shell nimmt jedes Leck ernst, egal wie
       groß es ist, und wir haben prompt auf den Zwischenfall reagiert", sagte ein
       Sprecher.
       
       "Das Leck besteht schon seit Tagen, aber Shell hat das erst öffentlich
       gemacht, als man die Situation unter Kontrolle hatte", sagte dagegen
       Richard Dixon, Direktor des WWF Schottland. Der Roboter müsse dem Konzern
       genug Informationen liefern. "Dass sie keine Bilder oder Details
       veröffentlichen, spricht nicht gerade für Transparenz."
       
       Patrick Harvie, der Vizechef der schottischen Grünen, stimmte ihm zu: "Der
       Konzern muss die Öffentlichkeit und die Behörden über die Situation auf dem
       Laufenden halten." Die britische BP habe das bei der Katastrophe im Golf
       von Mexiko im vergangenen Jahr versäumt. "Wie auch immer diese Sache
       ausgeht", sagte Harvie, "sie zeigt die Notwendigkeit, dass die Ölindustrie
       ihre Notfallpläne offenlegt". Andernfalls müsse man den Firmen die Lizenz
       entziehen.
       
       Im Gannet-Ölfeld werden täglich 13.500 Barrel Öl gefördert, die maximale
       tägliche Förderkapazität soll bei 88.000 Barrel liegen. Die Plattform wird
       von Shell betrieben, aber auch Esso hat Anteile. Am Donnerstag nahm Shell
       die Förderung auf den Bohrinseln Brent Alpha und Bravo wieder auf. Die
       beiden anderen Inseln Charlie und Delta bleiben vorerst außer Betrieb.
       
       Shell war bereits vor etwa einer Woche in die Kritik geraten, als das
       Umweltprogramm der Vereinten Nationen einen Bericht zur Ölförderung des
       Konzerns in Nigeria veröffentlichte. Die Autoren werfen Shell schwere
       Versäumnisse beim Schutz von Menschen und Umwelt vor.
       
       14 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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