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       # taz.de -- Nach schwarz-gelber Kritik an China: "Kein einziges Reiskorn aus Afrika"
       
       > Kürzlich soll der CDU-Politiker Günter Nooke gesagt haben, China kaufe
       > Ländereien in Afrika – und sei somit mit schuld am Hunger. Das weist
       > Chinas Regierung harsch zurück.
       
   IMG Bild: Überflutetes Reisfeld in Uganda.
       
       PEKING taz | China habe "noch niemals Land in Afrika gekauft". Mit diesem
       Dementi reagierte das Pekinger Außenministerium auf ein Interview von
       Günter Nooke, Afrika-Beauftragter der Bundesregierung. Der CDU-Politiker
       hatte jüngst über die Volksrepublik gesagt, sie kaufe Ländereien in Afrika
       und sei somit indirekt mitschuldig an der Hungerkatastrophe. Peking, so
       erklärte das Außenministerium, habe viel mehr Lebensmittel im Wert von fast
       zehn Millionen Euro an die von der Dürre betroffenen Staaten geschickt.
       
       Chinas Regierung reagiert dünnhäutig auf die Klagen aus Europa über die
       chinesische Afrikapolitik. Unter dem Titel "Die gestohlenen Ländereien
       Afrikas liegen in westlichen Händen" zitierte das Pekinger KP-Organ Global
       Times die Studie eines nicht näher genannten ausländischen Instituts,
       wonach Europäer und Amerikaner inzwischen 30 Millionen Hektar und damit 15
       Prozent des gesamten Ackerlandes in Afrika aufgekauft haben. Das entspricht
       einer Fläche halb so groß wie Frankreich. Die Früchte, die dort angebaut
       werden, landeten nicht etwa in Afrika, sondern in Europa und in den USA –
       unter anderem als Grundstoffe für Biodiesel, so die Global Times.
       
       Die Kritik an Chinas Afrikapolitik wird immer heftiger. Peking sei, so der
       Tenor vieler Stimmen aus Europa und den USA, nur auf den eigenen Vorteil
       bedacht, mache Geschäfte mit korrupten Potentaten und schaffe keine
       Arbeitsplätze.
       
       ## Güter und Dienstleistungen für 80 Milliarden
       
       Wahr ist: China ist in Afrika immer stärker präsent. Im vorigen Jahr
       handelten Chinesen und Afrikaner Güter und Dienstleistungen im Wert von
       über 80 Milliarden Euro. Chinesische Investitionen in Afrika über die
       vergangenen Jahre werden auf insgesamt rund 22 Milliarden Euro geschätzt.
       Die Beteiligungen an afrikanischen Ölfeldern und anderen Rohstoffquellen
       werden ebenso wie Eisenbahn- und Straßenprojekte zumeist über das Pekinger
       Handelsministerium oder mit Hilfe der staatlichen Import-Export-Bank
       finanziert. Und für ihre Bauprojekte bringen die Konzerne am liebsten die
       Belegschaft aus der Heimat gleich mit.
       
       Obwohl sich China selbst als Entwicklungsland einstuft, leistet es in
       Afrika auch Entwicklungshilfe. Nach jüngsten Angaben hat die chinesische
       Regierung über 2.000 Kilometer Eisenbahntrassen, 3.000 Kilometer Straßen,
       100 Schulen und 60 Hospitäler gebaut und Schulden in Höhe von rund zwei
       Milliarden Euro erlassen. Es errichtete Malaria-Zentren und förderte
       erneuerbare Energien. Pekinger Funktionäre betonen dabei gerne, dass sie
       ihre Hilfe nicht mit Auflagen verknüpfen. Eine "Einmischung in innere
       Angelegenheiten" anderer Länder lehne man grundsätzlich ab.
       
       Chinesische Landwirtschaftsunternehmen, heißt es in der Global Times,
       bewirtschafteten gemeinsam mit örtlichen Partnern Felder, um "den lokalen
       Bedarf zu decken". China habe "niemals gewaltsam auch nur einen einzigen
       Zoll afrikanischen Landes besetzt oder ein einziges Reiskorn aus Afrika
       zurückgebracht". Während die westlichen Staaten "gewaltige Profite" aus
       ihren Geschäften gezogen hätten, habe Afrika nicht davon profitiert. Mit
       ihren Vorwürfen gegenüber China wollten westliche Länder nur von ihren
       eigenen Fehlern ablenken.
       
       8 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR J. Lietsch
       
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