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       # taz.de -- Bildungskonsens in NRW: Rot-Grün kippt die Schule für Alle
       
       > Schulkonsens in Nordrhein-Westfalen: SPD, Grüne und CDU erfinden eine
       > weitere Schulform. Und das gegliederte System kommt in die Verfassung.
       
   IMG Bild: Harmonie in NRW: Sylvia Löhrman (l.) und Hannelore Kraft einigen sich mit CDU-Chef Röttgen auf einen Schulkonsens.
       
       DÜSSELDORF taz | Nordrhein-Westfalens Schullandschaft wird bunter. Das ist
       das Ergebnis des "Schulkonsenses", auf den sich die rot-grüne
       Minderheitsregierung mit der CDU-Opposition verständigt hat. Danach kommt
       zu den bestehenden Schulformen jetzt noch eine weitere hinzu: die
       "[1][Sekundarschule]". Ohne Oberstufe ausgestattet, soll mit ihr als
       Alternative zur Haupt- und Realschule den sinkenden Schülerzahlen begegnet
       werden. Ein integriertes Schulsystem soll es hingegen nicht geben.
       
       Von einer "historischen Verständigung" sprach Ministerpräsidentin Hannelore
       Kraft (SPD) am Dienstag in Düsseldorf: "Wir haben für Nordrhein-Westfalen
       einen Schulfrieden für die nächsten zwölf Jahre geschlossen." Auch die
       grüne Schulministerin Sylvia Löhrmann übte sich in Politprosa: "Es geht
       darum, Kontinuität zu wahren und Aufbruch zu ermöglichen."
       
       Die Jubelarien Krafts und Löhrmanns auf der Pressekonferenz mit den
       Landes-CDU-Fürsten können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass
       Rot-Grün große Kröten schlucken musste. Zwar soll die Hauptschule nicht
       länger in der Landesverfassung verankert sein, ersetzt wird der
       entsprechende Passus jedoch durch eine Festschreibung des Status quo: "Das
       Land gewährleistet in allen Landesteilen ein ausreichendes und vielfältiges
       öffentliches Bildungs- und Schulwesen, das ein gegliedertes Schulsystem,
       integrierte Schulformen sowie weitere andere Schulformen umfasst."
       
       ## Die CDU freut sich
       
       Damit verabschieden sich SPD und Grüne von ihrem Traum einer [2][Schule für
       Alle]. Diese sollte ein längeres gemeinsames Lernen mit individueller
       Förderung kombinieren, damit auch die Talente der sozial benachteiligten
       Kinder gefördert werden.
       
       Vorbei. "Es wird definitiv in Nordrhein-Westfalen keine Einheitsschule
       geben", freute sich CDU-Landeschef Röttgen. Das sei ein "Ergebnis, hinter
       dem man stehen kann". Der Konsens werde "Bedeutung auch über
       Nordrhein-Westfalen hinaus" haben, so Röttgen zuversichtlich. Auch
       CDU-Landtagsfraktionschef Laumann lobte die Einigung: "Da ist verdammt viel
       CDU drin."
       
       Neben der neuen Sekundarschule werden in NRW auch künftig weiterhin Haupt-
       und Realschulen, Gymnasien, Gesamtschulen, Berufskollegs und Förderschulen
       - "soweit sie trotz Inklusion erforderlich sind" - existieren. "Von
       Landesseite wird keine Schulform abgeschafft", heißt es in der
       rot-grün-schwarzen Vereinbarung.
       
       Die Sekundarschule muss mindestens dreizügig sein. In Jahrgang 5 und 6 wird
       gemeinsam gelernt. Ab der 7. Klasse kann in getrennten Bildungsgängen
       unterrichtet werden. Sie werde in ihrem Aufbau der Gesamtschule "sehr
       ähnlich" sein, erläuterte Ministerpräsidentin Kraft. Der große Unterschied:
       Sie umfasst keine eigene gymnasiale Oberstufe. Damit beinhalte die
       gefundene Einigung eine "Systemstärkung der Gymnasien", sagte Röttgen.
       
       Der Weg von der Sekundarschule zum Abitur soll durch "verbindliche
       Kooperation" mit einem Gymnasium, Berufskollegs oder einer Gesamtschule
       sichergestellt werden. Der Bildungsgang über eine Sekundarschule zum Abitur
       dauert allerdings ein Jahr länger als am Gymnasium.
       
       19 Jul 2011
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schulkonsens-in-NRW-erzielt/!74762/
   DIR [2] /Schulreform-in-NRW/!72858/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Pascal Beucker
       
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