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       # taz.de -- Rechter US-Fernsehsender Fox News: War John Wayne ein Serienkiller?
       
       > Der Sender Fox News hat mehr Zuschauer als CNN. Der Darling der
       > amerikanischen Rechten wird mitentscheiden, welcher Republikaner 2012 als
       > Präsident kandidiert.
       
   IMG Bild: Natürlich wird auch der Skandal um den Demokraten Weiner auf Fox News genüsslich ausgeschlachtet. Hier eine seiner Affären bei Sean Hannity.
       
       Die amerikanische Linke ist in Feierlaune. Sie begeht den Abgang eines
       Moderators, der sich den Ruf eines rechten Einpeitschers über Jahre mit
       markigen Sprüchen erkämpft hatte und über den Sender Fox News Millionen
       Amerikaner erreichte. Glenn Beck und Fox News – eine Verbindung,
       geschlossen im konservativen amerikanischen Himmel.
       
       Den Abgang Becks nimmt die linksorientierte Homepage [1][mediamatters.org]
       zum Anlass, noch einmal die schlimmsten Sprüche des Fox-Mannes zu
       reflektieren. "Obama hat sich immer wieder entblößt als ein Mann mit einem
       tief sitzenden Hass auf Weiße" ist darunter, oder: "Die Regierung ist
       voller Vampire, und sie versuchen, das Blut aus der Wirtschaft zu saugen."
       Der Starmoderator ist einer der radikalsten, aber er setzte den Ton für
       einen ganzen Sender.
       
       Nun ist Beck weg, aber die Linke kann sich das Jubeln nicht zu lange
       leisten. "Fox wird früher oder später einen Ersatz für Beck finden, der bis
       an die Grenzen geht", sagt Paul Levinson, Professor für Medien- und
       Kommunikationswissenschaften an der Fordham University in New York der taz.
       
       Das Bedürfnis nach extremen Stimmen im Journalismus, es ist vorhanden in
       den USA. Einseitige Meinungsmache hat Fox News zum beliebtesten
       Nachrichtenkanal im Kabelfernsehen gemacht. Und jetzt, da die Republikaner
       ihr Kandidatenrennen für die Präsidentschaftswahl 2012 gestartet haben, ist
       der Sender besonders gefragt.
       
       Seit 1996 auf Sendung, hat sich Fox News des konservativen Amerikas
       angenommen. Wo CNN als Nachrichtensender auf Objektivität und Neutralität
       setzt, kommt Fox News, dessen Besitzer der australische Medienmogul Rupert
       Murdoch ist, als rechter Meinungsmacher daher.
       
       ## Programmmacher schweigen
       
       "Fair und balanced" – "fair und ausgewogen" – ist das Motto des Senders.
       Doch ausgewogenen Nachrichtenjournalismus bekommen Fox-News-Zuschauer nicht
       zu sehen. "Fox News ist eine Kombination aus einer hoch technischen,
       glänzenden, energetischen Präsentation mit einem klaren Anreiz für die
       breite konservative politische Basis", erklärt Kommunikations- und
       Medienwissenschaftler Levison. Beim Sender selbst mag man sich zur
       politischen Ausrichtung nicht äußern. Auch Fragen über die politische
       Berichterstattung bleiben unbeantwortet.
       
       Wo die Programmmacher schweigen, sprechen die Moderatoren für ihren Kanal.
       Sie vergleichen Barack Obama mit Marx, schimpfen auf die linken
       Mainstream-Medien und leisten sich aufwändige Liveberichterstattungen von
       marginalen Tea-Party-Events, die zu relevanten Ereignissen hochstilisiert
       und zu Hauptsendezeiten ins Programm gehoben werden. Trotz konkurrierender
       Ereignisse wie des Aufruhrs in der arabischen Welt, der nuklearen
       Katastrophe in Japan und der Wirtschaftskrise im eigenen Land.
       
       Doch diese Mischung ist es, mit der Fox News in den Quoten an CNN und dem
       linken Nachrichtensender MSNBC vorbeigezogen ist. 2010 erreichte Fox News
       im Schnitt 1,1 Millionen Zuschauer am Tag. CNN kam auf 433.000, MSNBC auf
       399.000. Zur Hauptsendezeit am Abend konnte der Sender gar mehr als 2
       Millionen in der Mehrzahl konservative Zuschauer an sich binden.
       
       Laut einer Studie des Pew Research Center schauen 54 Prozent derer, die
       sich selbst als "standhaft konservativ" bezeichnen, regelmäßig Fox News.
       CNN schalten aus dieser Gruppe 8 Prozent ein, MSNBC nur 6 Prozent.
       
       ## Palin als Expertin
       
       Und die Zielgruppe wird derzeit bestens bedient. Wer etwas über die
       mögliche republikanische Präsidentschaftskandidatin Michele Bachmann
       erfahren möchte, ist bei Fox News gut aufgehoben. Aber auch alle anderen
       denk- und undenkbaren Kandidaten finden beim Darlingsender der
       amerikanischen Rechten ihr zu Hause. Sarah Palin, die immer noch mit einer
       Kandidatur kokettiert, ist als Expertin bei Fox News engagiert – und wird
       vom Sender gerne prominent im Reigen möglicher Kandidaten genannt.
       
       Neben Bachmann hat auch Mitt Romney seine Kandidatur bekannt gegeben, ein
       halbes Dutzend weiterer Namen wird in politischen Kreisen und Umfragen hoch
       gehandelt. Sie alle sind bestrebt, mit Fox News eine enge Verbindung
       einzugehen. Denn die könnte den entscheidenden Vorteil bringen: "Fox News'
       Unterstützung wird sehr großen Einfluss auf die Kandidatenwahl der
       Republikaner haben", sagt Medienforscher Levinson.
       
       Konservativer Star der Stunde ist derzeit Michele Bachmann. Nachdem die
       Republikaner erstaunlich lange zögerten, Obama herauszufordern, hat sie
       nach Romney als Zweite ihre Kandidatur bekanntgeben. Ein geschickter
       Schachzug, können sich die Medien nun noch intensiv mit ihr beschäftigen,
       bevor neue Namen offiziell werden. Spannender als der bereits hinlänglich
       bekannte – und nicht gerade charismatische – Romney ist die Tea-Party-Ikone
       Bachmann für einen nach Quoten strebenden Sender allemal.
       
       Die Kongressabgeordnete aus Minnesota kann sich derzeit geradezu rührender
       Unterstützung des konservativen Senders gewiss sein. Die 55-Jährige hat
       bereits den ein oder anderen peinlichen Moment hinter sich gebracht. Etwa,
       als sie nach der Verkündung ihrer Kandidatur Einblicke in ihr Seelenleben
       gewährte – natürlich Fox News.
       
       Der Geist John Waynes stecke auch in ihr, da der Westernheld aus ihrer
       Heimatstadt in Iowa stamme, sagte Bachmann. Dumm nur: der Schauspieler John
       Wayne kommt nicht aus Waterloo, Iowa. Wohl aber, wie die Los Angeles Times
       aufdeckte, ein John Wayne Gacy: Serienkiller aus den 70er Jahren.
       
       Ein vielleicht peinlicher, aber nicht weiter schlimmer Fehler der
       Politikerin. Doch solche Episoden sind es, die politische Analysten bei Fox
       News dazu verleiten, eine Verteidigung für die arme, durch liberale Medien
       bedrohte Bachman aufzubauen: "Wenn die Presse einen ihrer Stolperer
       aufdeckt, erhält Bachmann enormen Zuspruch", analysiert Juan Williams auf
       [2][foxnews.com]. "Dann wird sie zu einer ,ganz normalen Frau', einer
       missverstandenen Tea-Party-Mutter mit fünf Kindern, die sich einem
       elitären, arroganten Obama-freundlichen Pressecorps entgegenstellt."
       
       Es ist ein eigenwilliges Bild, das Fox News nicht nur von republikanischen
       Politikern zeichnet, sondern auch von der Politik. Bill O'Reilly, der mit
       seiner Show "The O'Reilly Factor" die besten Quoten des Senders erzielt und
       nach Becks Abgang der unbestrittene Star ist, hat es sich zur Aufgabe
       gemacht, die Wirtschaftspolitik des Demokraten Obamas zu attackieren, der
       seit der Krise "alles noch viel schlimmer gemacht hat", wie O'Reilly im
       Juni bemerkte.
       
       ## Obamas Politik? "Sozialistisch".
       
       Schon Bill Clinton wusste im Wahlkampf 1992: "It's the econmy, stupid" –
       "Es ist die Wirtschaft, Dummkopf". Mit dieser Taktik gelangte Clinton ins
       Weiße Haus. Die Republikaner haben die Wirtschaftspolitik des Präsidenten
       zum Top-Wahlkampfthema auserkoren. Fox News bewegt sich auch hier ganz auf
       Linie. O'Reilly bezeichnet Obamas Rettungspakete wahlweise als das "größte
       Glücksspiel in der amerikanischen Geschichte" oder "zweieinhalb Jahre des
       Scheiterns".
       
       Sean Hannity, ein weiteres Aushängeschild des Senders, nennt die
       Wirtschaftspolitik des Präsidenten "sozialistisch". Mit Moderatoren dieses
       Formats macht Fox News nicht nur Quote, sondern auch satte Gewinne. Im
       "State of the media 2011"-Report wird der Profit auf 816 Millionen Dollar
       beziffert, 27 Prozent höher als noch 2009.
       
       Der Markmacht Fox News wird vertraut. Die Zuschauer glauben, was sie sehen,
       auch wenn es nicht stimmt. Eine Studie der Universität Maryland nach den
       Kongresswahlen im November 2010 belegt, dass es vor allen Dingen die
       regelmäßigen Fox-News-Zuschauer waren, die auf falsche Informationen
       hereinfielen.
       
       Sie glaubten mehr als andere Fernsehzuschauer, dass die meisten
       Wissenschaftler den Klimawandel anzweifeln, und sie glaubten mehr als
       andere, dass die Rettungspakete des Präsidenten Experten zufolge
       Arbeitsplätze vernichtet hatten.
       
       Nun ist es das eine, einen Sender konservativ auszurichten. Doch Fox News
       betreibt nicht schlicht Meinungsjournalismus. Der Sender macht sich die
       Welt, wie sie ihm gefällt. Als Tea-Party-Politikerin Bachmann kürzlich in
       einem Interview mit dem amerikanischen Sender ABC John Quincy Adams
       fälschlicherweise zu einem Gründungsvater der USA machte, korrigierte sie
       der Moderator. Für Fox News war das ein Angriff auf Bachmann.
       
       In der Sendung "Fox & Friends" fragte der Moderator seine Gäste: "Haben die
       Mainstream-Medien eine negative Haltung gegenüber konservativen Frauen? Ist
       das sexistisch?" Und die sorgfältig zusammengestellte Expertenrunde nickte
       einmütig. Journalistische Sorgfalt als Bestandteil einer "fairen und
       ausgewogenen" Berichterstattung – muss ja nicht sein.
       
       15 Jul 2011
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://mediamatters.org
   DIR [2] http://foxnews.com
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rieke Havertz
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
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