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       # taz.de -- 16. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: FDLR lehnte Friedensplan ab
       
       > Von kirchlicher Seite gab es 2009 Bemühungen, die durch Militärschläge
       > geschwächte ruandische Hutu-Miliz zum Frieden zu bewegen. Murwanashyaka
       > wollte das nicht.
       
   IMG Bild: FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka lehnte Friedensbemühungen der Kirchen ab.
       
       STUTTGART taz | Als im Jahr 2009 die Armeen Kongos und Ruandas erstmals
       gemeinsam gegen die FDLR im Ostkongo vorgingen, lehnte FDLR-Präsident
       Ignace Murwanashyaka Friedensbemühungen der Kirchen ab. Dies geht aus den
       am 13. Juli beim Prozess gegen Murwanashyaka vor dem OLG Stuttgart
       gemachten Aussagen des BKA-Beamten Packeiser, der Ergebnisse der
       Telekommunikationsüberwachung der Angeklagten zusammenfasste, sowie am 11.
       Juli verlesenen E-Mails hervor.
       
       So unterbreitete Pater Matteo Zupi von der italienischen katholischen
       Gemeinde Sant'Egidio Murwanashyaka den Entwurf eines "Rettungsplans" für
       die FDLR, die 2009 durch die gemeinsamen kongolesisch-ruandischen
       Militäroperationen stark geschwächt war. Matteo riet, die FDLR solle ihre
       Waffen niederlegen und sich als politische Vertretung der im Kongo lebenden
       ruandischen Flüchtlinge positionieren, um eine Lösung für deren humanitäre
       Probleme zu finden. Im Radio solle ein Aufruf gestartet werden, dass alle
       ruandischen Flüchtlinge im Kongo in die Lager kommen sollten, ermuntert
       durch finanzielle Aussichten im Falle ihrer Rückkehr nach Ruanda. Die FDLR
       solle sich als Verhandlungspartner für Ruandas Regierung in der Frage der
       Rückkehr von Flüchtlingen nach Ruanda behaupten. "Kriminelle der
       ruandischen Tragödie", also Mitwirkende des Völkermordes, sollten in Ruanda
       vor Gericht gebracht werden, aber Flüchtlinge unter 25 Jahre sollten ohne
       Probleme nach Ruanda zurückkehren.
       
       Murwanashyaka ging auf diese Anregungen nicht ein, obwohl er ein enges
       Vertrauensverhältnis zu Pater Matteo hatte. Die Gemeinschaft Sant'Egidio,
       erfahren in der Friedensvermittlung in afrikanischen Konflikten, hatte im
       Jahr 2005 erste Verhandlungen mit der FDLR eingefädelt, nach deren
       Abschluss die Miliz in der sogenannten "Rom-Erklärung" das Ende ihres
       bewaffneten Kampfes und die Rückkehr nach Ruanda in Aussicht gestellt
       hatte. Dies scheiterte damals jedoch, weil Ruandas Regierung es nicht
       akzeptierte, dass die FDLR Bedingungen für ihre friedliche Rückkehr nach
       Ruanda stellte. Offenbar sollte nun im Jahr 2009 ein neuer Versuch
       gestartet werden.
       
       Bereits im Januar 2009, kurz vor Beginn der kongolesisch-ruandischen
       Militäroperationmen, gab es Gespräche zwischen der FDLR und Kongos
       Regierung, um einen weiteren Waffengang zu verhindern. Die Gespräche
       scheiterten jedoch an der Forderung nach einer Entwaffnung der FDLR.
       Murwanashyaka habe geglaubt, dass der Krieg sowieso nicht zu verhindern
       sei.
       
       Als weiterer Vermittler betätigte sich in dieser Zeit Bischof Kuye,
       Präsident des Dachverbandes der kongolesischen protestantischen Kirchen ECC
       (Église du Christ au Congo) in der Provinz Süd-Kivu und ehemals Präsident
       der kongolesischen Wahrheitskommission. Kuye war in direktem Kontakt mit
       FDLR-Militärkommandant Mudacamura. Das lehnte Murwanashyaka ab: Kuye solle
       die Hierarchie der FDLR berücksichtigen und mit ihm selbst reden. Kuye
       wurde jedoch vor allem deshalb abgelehnt, weil er Rückführungsversuche nach
       Ruanda unternommen hatte.
       
       Redaktion: Dominic Johnson
       
       15 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bianca Schmolze
       
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