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       # taz.de -- Kolumne Unbeliebt: Strobl bestellt einen Schnaps
       
       > Oettinger gedeckt, Atomporno abgeräumt. Nun will Schäubles Schwiegersohn
       > Thomas Strobl zum Machtfaktor in der CDU werden. Dafür muss er sich
       > unbeliebt machen.
       
       Der Politiker Thomas Strobl greift sich gerade so viel Macht wie nie in
       seinem Leben. Er will Chef der CDU Baden-Württemberg werden, des
       zweitgrößten Landesverbandes der Partei. Schon jetzt tickern öfter
       Interviews mit ihm über die Bildschirme, und dabei ist aus dem Südwesten
       gerade stärker nachgefragt, was die Grünen dort so mit den Autos und der
       Eisenbahn anstellen. Aber aufgelöst hat sich die baden-württembergische CDU
       eben auch nicht, und deshalb ist der Landesparteitag nächste Woche nicht
       nur in der Binnenlogik des Thomas Strobl ein wichtiger Moment.
       
       Dieser Mann hat erst mal etwas Unnahbares, was sich dadurch verstärkt, dass
       ich mich an diesem Abend ausstaffiert habe wie ein Politiker. Mit Anzug und
       geputzten Schuhen, während der Politiker in Jeans und Pullover
       herbeispaziert kam. Aber das löst sich, als die Suppe da ist.
       
       Überhaupt: die Suppe. Immer, wenn wir uns trafen, gab es sie. Er hat sie
       2006 in Stuttgart den Journalisten servieren lassen, kurz bevor Günther
       Oettinger seinen einzigen Wahlsieg feiern durfte. An einem Junimittag 2008
       in Berlin schaute er ganz glücklich, als im taz-Café Kartoffelsuppe auf der
       Karte gestanden hat. Und die Kraftbrühe im Mai 2011, als Winfried
       Kretschmann zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, hat er auch gebrauchen
       können.
       
       Er hat sie stets behutsam gegessen, Löffel für Löffel, er sieht auch heute
       wieder so bescheiden aus dabei. Man kann die Suppe als Bild für seinen Weg
       nehmen. Vorsitzender des Immunitätsausschusses im Bundestag. Vorsitzender
       der CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg. Vorsitzender des
       Vermittlungsausschusses. Amt für Amt, ein guter Lerner. Und einen
       erfahrenen Lehrmeister hat er auch, denn das ist Wolfgang Schäuble.
       
       Er hat ihn sozusagen geheiratet, seine Frau ist die älteste Tochter des
       Finanzministers. Einmal veröffentlichte Strobl einen Zeitungsbeitrag über
       das Wesen der Konservativen und da klang er wie der Schwiegervater.
       
       Während er sich durch Berlin lernte, kümmerte er sich noch um zwei unfähige
       Ministerpräsidenten in Stuttgart; er deckte Oettingers Filbinger-Wahnsinn
       genauso wie den Atomporno von Stefan Mappus. Nur selten fiel sein eigenes
       Gehirn aus wie 2010, als er einen Stuttgart-21-Gegner für die
       Nazivergangenheit seines Vaters in Haftung nahm.
       
       ## Jetzt muss er zupacken
       
       Aber alles in allem hat Strobl sein Metier beherrschen gelernt, nur ist er
       jetzt schon 51. Wenn er nicht als Nachwuchspolitiker noch älter werden
       will, muss er jetzt zupacken.
       
       Er sagt, dass man nun viel zuhören müsse in der CDU, ernst nehmen,
       zusammenführen. Er braucht eine fürsorgliche Note, auf dem Parteitag tritt
       ein gemütlicher Landtagsabgeordneter gegen ihn an. Strobl würde die
       krisenhafte Partei wohl von Natur aus lieber mit der Entschlossenheit
       kurieren, mit der er die Versäumnisse ihrer Atompolitik aufbohrt: Fehler.
       Fehler. Fehler! Und die Südwest-CDU? "Schockzustand." "Aber die Wirkung des
       Adrenalins setzt jetzt ein." Er klingt martialisch, aber sein Gesicht
       bekommt auch einen genießerischen Zug dabei.
       
       Härte und Genuss. Strobl bestellt einen Schnaps.
       
       Es ist nötig, dass sich jetzt einer unbeliebt macht. Unabwählbar und dann
       Opposition – damit die internen Kämpfe nicht zu hart werden, braucht es
       einen Prügelknaben. Er guckt fast fröhlich. Am 23. Juli ist Parteitag.
       
       Nach der Suppe hat Thomas Strobl übrigens noch ein großes Schnitzel
       bekommen.
       
       15 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Georg Löwisch
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Stuttgart 21
       
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