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       # taz.de -- Rebellen-Vormarsch auf Libyens Hauptstadt: Dorf für Dorf Richtung Tripolis
       
       > Die Rebellen im Westen Libyens rücken weiter vor. Sie starten eine mit
       > der Nato koordinierte Offensive in Richtung Tripolis. Die "Stunde null"
       > scheint in Aussicht.
       
   IMG Bild: Ruhe vor dem Sturm: ein Panzer der Regierungstruppen in der libyschen Stadt Gharyan.
       
       BERLIN taz | Langsam, aber stetig rücken die libyschen Rebellen im Westen
       des Landes in Richtung der Hauptstadt Tripolis vor. Am Donnerstag nahmen
       sie nach einem sechsstündigen Kampf die Ortschaft al-Kawalisch ein, die
       etwa 100 Kilometer südwestlich von Tripolis liegt. Die Eroberung der
       kleinen Wüstensiedlung ist eine wichtige Etappe auf dem Vormarsch auf die
       Garnisonsstadt Gharyan, die an der Hauptverbindungsstraße zwischen Tripolis
       und und dem Süden des Landes liegt.
       
       Gleichzeitig gelang es den Rebellen eigenen Angaben zufolge, von der
       Hafenstadt Misurata aus einen Vorort von Zlitan östlich von Tripolis zu
       erobern. Zlitan ist für die Aufständischen wichtig, weil ihren
       Informationen zufolge zwei große Truppenverbände von Machthaber Muammar
       al-Gaddafi in der Stadt stehen, die von dort aus Raketen gegen Misurata
       abfeuern. Frühere Versuche der Rebellen, Richtung Zlitan vorzustoßen, waren
       von den Regimetruppen zurückgeschlagen worden.
       
       Die Rebellen in Libyen kontrolieren bisher den Osten Libyens mit der
       zweitgrößten libyschen Stadt Bengasi, die drittgrößte Stadt Misurata im
       Westen des Landes und das unmittelbare Umland, sowie mehrere Ortschaften im
       Nafusa-Gebirge, das von der tunesischen Grenze bei Nalut südlich von
       Tripolis Richtung Osten verläuft. Über eine neue Offensive der Rebellen
       wurde schon seit Wochen spekuliert. Zuletzt hatte der Rebellenführer Ahmed
       Omar Bani in Bengasi einen Angriff für die nächsten 48 Stunden angeküngt.
       
       ## Nato-Kampfflugzeuge beobachten die Offensive
       
       Die Offensive begann am frühen Mittwochmorgen. Wie ein Rebellenführer in
       Zlitan sagte, war der Angriff mit der Nato via Bengasi koordiniert. Nachdem
       diese grünes Licht gegeben hatte, sei die Offensive begonnen worden. In
       Berichten aus al-Kawalisch und Zlitan hieß es, Nato-Kampfflugzeuge seien
       über dem jeweiligen Ort gekreist, hätten aber nicht eingegriffen.
       
       Offenbar planen die Rebellen jetzt, Tripolis von Süden und Osten in die
       Zange zu nehmen. Ein Sprecher der Rebellen in Bengasi sagte am Mittwoch
       gegenüber dpa: "In Brega und im Nafusa-Gebirge sind wir schon weit, aber in
       Misurata und Tripolis noch nicht. Wenn wir auch dort bereit sind, dann
       beginnt für uns die Stunde null." Brega ist die Frontstadt an der Grenze
       zwischen den ostlibyschen Rebellengebiet um Bengasi und dem
       Gaddafi-kontrollierten Territorium.
       
       Die Nato gab unterdessen bekannt, dass seit März 2.700 militärische Ziele
       in Libyen zerstört worden seien, unter anderem 600 Panzer und Artillerie
       sowie fast 800 Munitionslager. Gleichzeitig lud sie erstmals Vertreter der
       Rebellen nach Brüssel ein. Die Delegation aus Bengasi wird am Mittwoch
       kommender Woche mit Botschaftern der Mitgliedsländer sowie Generalsekretär
       Andres Fogh Rasmussen zusammentreffen. Letzterer sagte am Donnerstag bei
       einem Pressegespräch in Brüssel: "Für Gaddafi ist das Spiel aus." Seine
       ökonomische Stärke nehme ab.
       
       ## Internationaler Haftbefehl gegen Gaddafi als wichtiges Signal
       
       Es sind nicht nur solche Erklärungen, die den nach wie vor schlecht
       ausgerüsteten Rebellen den Eindruck vermitteln, die Zeit stehe nunmehr auf
       ihrer Seite. Die Ausstellung eines internationalen Haftbefehls gegen
       Gaddafi und zwei seiner Verwandten durch den Internationalen
       Strafgerichtshof wurde ebenfalls als ein wichtiges Signal gesehen.
       
       Hinzu kommt eine wilde Gerüchteküche rund um einen südafrikanischen
       Vorschlag zu Gesprächen zwischen Regimevertretern und Rebellen, ob Gaddafi
       nicht doch bereit sei, abzutreten. Dies wird in Tripolis freilich
       regelmäßig dementiert.
       
       7 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Beate Seel
       
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