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       # taz.de -- Kommentar Handyüberwachung in Dresden: Daten wecken Begehrlichkeiten
       
       > Der Zugriff auf einen Datenpool wie in Dresden muss richterlich genehmigt
       > werden. Deshalb ist eine schnelle Änderung der Strafprozessordnung
       > zwingend notwendig.
       
   IMG Bild: Sondersitzung des Innen- und Rechtsausschusses: Vor dem Dresdner Landtag demonstrierten am Montag Bürger gegen die massenhafte Speicherung von Handydaten.
       
       Wenn Daten erst mal vorhanden sind, wecken sie auch Begehrlichkeiten. Das
       wissen Datenschützer schon lange, und der Dresdner Datenskandal beweist es
       aufs Neue.
       
       Deshalb genügt es nicht, dass ein Richter nur die heimliche Erhebung von
       Daten genehmigen muss. Richterliche Kontrolle ist auch und erst recht
       erforderlich, wenn es um die Weiterverwendung dieser Daten geht.
       
       In Dresden hat die Staatsanwaltschaft zur Aufklärung von Gewalttaten gegen
       Polizisten eine Funkzellenabfrage beantragt. Diese wurde richterlich
       genehmigt. Deshalb erhielt die Polizei von den Mobilfunkfirmen rund 138.000
       Datensätze über Mobiltelefonate und SMS, die während einer Dresdner
       Nazi-Demo in bestimmten Funkzellen stattfanden. Zwar sind auch hier noch
       Fragen offen, aber das war vermutlich legal.
       
       Allerdings hat die Polizei diese Daten auch zur Aufklärung von Störungen
       der rechten Demo durch linke Sitzblockaden benutzt. Das hätte sie nur tun
       dürfen, wenn auch die Blockaden als "Straftaten von erheblicher Bedeutung"
       eingestuft würden - was fernliegend ist.
       
       Für die "Erheblichkeit" von Straftaten gibt es zwar keine messerscharfe
       Definition. Umso mehr ist aber rechtsstaatliches Fingerspitzengefühl
       erforderlich, das gewöhnlich eher bei Richtern als bei Polizisten vermutet
       wird. Es ist deshalb rechtspolitisch notwendig, dass der Zugriff auf einen
       derartigen Datenpool ebenfalls richterlich genehmigt werden muss. Die
       Strafprozessordnung ist entsprechend zu ergänzen.
       
       Richtervorbehalte werden zwar oft als Feigenblatt kritisiert, weil die
       Richter auf korrekte Informationen der Polizei angewiesen sind. Bei der
       Prüfung, ob gesetzliche Voraussetzungen eingehalten wurden, kommt es aber
       auch auf Rechtskenntnis an. Eine Ausweitung des Richtervorbehalts auf die
       Weitergabe von Daten wäre also mehr als eine symbolische Verbesserung.
       
       23 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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