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       # taz.de -- Epidemie in Haiti verschärft sich wieder: Die Cholera kehrt zurück
       
       > Nach schweren Regenfällen und Überschwemmungen steigt die Zahl der an
       > Cholera erkrankten dramatisch an. Betreuungszentren aber sind oft
       > geschlossen.
       
   IMG Bild: Ein Mann gibt seiner an Cholera erkrankten Frau zu trinken, während sie in Port-au-Prince auf einen Krankenwagen warten.
       
       SANTO DOMINGO taz | Mitarbeiter von medizinischen Hilfsorganisationen in
       Haiti verfolgen mit Sorge die täglichen Wettervorhersagen für die
       Karibikregion. Jeder weitere Tag mit schweren Regengüssen lässt die Zahl
       der neu an Cholera Erkrankten weiter ansteigen. Und für die nächsten Tagen
       sind weitere Regenfälle zu erwarten.
       
       Seit die schweren Unwetter Ende Mai und Anfang Juni weite Teile des Südens
       in Haiti überschwemmt haben, steigt erneut die Zahl der Epidemieopfer an.
       Nach einem Bericht des haitianischen Gesundheitsministeriums sterben
       täglich acht Menschen an der von schwerem Durchfall begleiteten Krankheit,
       und jeden Tag infizieren sich rund 1.100 Menschen neu.
       
       Besorgniserregend ist die Meldung deshalb, weil seit Monaten die Zahl der
       Cholerakranken aufgrund der Präventionsmaßnahmen internationaler
       Hilfsorganisationen signifikant zurückgegangen war. "Die steigende Zahl der
       Infizierten hängt eindeutig mit den Überschwemmungen zusammen", betont der
       haitianische Arzt Gardi Marius, der in der Umgebung von Port-au-Prince, ein
       Gesundheitszentrum leitet, in der Cholera-Kranke behandelt werden. Über die
       Ufer getretene Flüsse haben Zisternen und Toiletten gleichsam überflutet
       und die Erreger weiter verbreitet. "Die Cholera scheint wieder außer
       Kontrolle zu geraten", fürchtet die Regionalbeauftrage der Diakonie
       Katastrophenhilfe für Haiti, Astrid Nissen.
       
       ## Chaos, Desinteresse, Geldmangel
       
       Dass die Zahl der Todesopfer steigt, hängt nach Ansicht von Mitarbeitern
       internationaler Hilfsorganisationen aber wesentlich damit zusammen, dass
       nach dem Rückgang der Cholera-Fälle in den letzten Monaten zahlreiche
       Cholerabehandlungszentren geschlossen worden seien - aus Geldmangel.
       
       Viele ausländische Nichtregierungsorganisationen hätten nach dem
       offensichtlichen Abklingen der Neuerkrankungen im Februar ihre Behandlungs-
       und Präventionszentren geschlossen. Einige wurden dem haitianischen
       Gesundheitsministerium übergeben. Allerdings habe administratives Chaos,
       Desinteresse und Geldmangel dazu geführt, dass die Behörde die Zahlungen
       für den Unterhalt und die Gehälter eingespart habe und dadurch Zentren
       geschlossen werden mussten. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen bemüht sich
       derzeit, bereits geschlossene Gesundheitszentren wieder zu öffnen, um die
       Neuinfizierten zu betreuen.
       
       Die Cholera hat inzwischen auch auf die Dominikanische Republik, das
       Nachbarland von Haiti, übergriffen. Besonders in den Armenvierteln und in
       der ländlichen Region, wo viele haitianische Arbeitsmigranten leben, ist
       die Zahl der Neuerkrankten offiziell innerhalb der ersten Juniwoche von
       1.288 auf 1.563 und die der Toten von 23 auf 36 angestiegen. Die
       Dunkelziffer ist jedoch hoch, da sich ebenso wie in Haiti viele Erkrankte
       nicht trauen, ihre Erkrankung zu melden.
       
       Das Bakterium, das die Choleraepidemie in Haiti ausgelöst hat, wurde von
       nepalesischen Mitgliedern der UN-Blauhelmtruppe eingeschleppt. Die
       Entsorgung der Latrinen in einem Fluss hatten im Artibonitebecken im
       Zentrum des Landes für erste Erkrankungen und Todesfälle gesorgt. Obwohl es
       schon frühzeitig Hinweise auf die Verursacher gab, leugneten die
       Verantwortlichen der Vereinten Nationen lange jede Schuld.
       
       15 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hans-Ulrich Dillmann
       
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   DIR Haiti
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