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       # taz.de -- Bremen: Rechte können Party machen: Ungestörte Nazi-Feiern
       
       > Pfingstsamstag feierten Nazis und Hooligans in Oslebshausen, eine Woche
       > zuvor auf der Weser. Eine linke Technoparty musste deswegen verlegt
       > werden
       
   IMG Bild: "Kategorie C"-Sänger Hannes Ostendorf auf einer Archiv-Aufnahme von 2006 - Pfingstsamstag war er mit seiner Band in Oslebshausen zu hören
       
       "12. 06. Großraum Bremen" hieß es über Wochen auf der Bandwebsite. Am Abend
       des Pfingstsamstag stand dann fest: In der Sperberstraße auf der Anlage der
       Sport-Gemeinschaft Oslebhausen e.V. findet das Konzert der rechtslastigen
       Hooliganband "Kategorie C - Hungrige Wölfe" (KC) statt. Als Vorgruppe ist
       "Nothlöhsung" angekündigt. Über 300 Gäste kommen zu dem Konzert und können
       ungestört feiern.
       
       Die Polizei, die recht kurzfristig von der Veranstaltung erfuhr, löste das
       Konzert nicht auf. Allerdings traf sie mit Pächter und Veranstaltern die
       Absprache, das Konzert auf die Zeit von 20 bis 21.30 Uhr zu begrenzen. Bis
       22 Uhr durften die Fans der Bands an der Theke noch trinken. Das Bier war
       allerdings früher alle, weshalb die Gäste zügig aufbrachen. Bei einzelnen
       Kontrollen wurde "Sieg Heil" gerufen, berichtet eine Polizeisprecherin.
       
       Hätte der überraschte Pächter, der von einer "Privatfeier" ausgegangen sein
       soll, von seinem Recht Gebrauch gemacht, den Nutzungsvertrag wegen
       Täuschung aufzuheben, hätte das Konzert nicht stattfinden können. Auf
       Anraten der Polizei haben Vermieter schon öfters, nachdem sie sahen, wer
       wirklich ihre Räume nutzen wollte, kurzfristig nein gesagt. Pfingstsamstag
       in Oslebshausen scheint die Polizei eher auf ein Arrangement hin gewirkt zu
       haben, um keine größere Polizeimaßnahme durchführen zu müssen.
       
       Solche pragmatisch orientierten Absprachen könnten mit ein Grund sein,
       warum in Bremen seit Jahren Hooligan-Zusammenschlüsse bestehen, die mit der
       Rechtsrock- und Neonaziszene verwoben sind. Von der Weser kommen neben der
       Band "Kategorie C" auch "Endlöser", "Endstufe", "Hetzjagd" und "Strafmass".
       2010 konnte die rechte Hooligantruppe "Standarte 88" ihr zwanzigjähriges
       Bestehen feiern. Die "88" ist ein Code für "Heil Hitler". "City Warriors"
       und "Nordsturm Brema" agieren ebenso als Hooligangruppen.
       
       Zentrale Figuren dieser Mischszene sind die Brüder Ostendorf. Henrik
       Ostendorf gehört zur "Standarte" und war bis vor kurzem Geschäftsführer der
       NPD-Zeitung Deutsche Stimme. Sein Bruder Marten betreibt in der
       Falkenstraße im Stephani-Quartier den Szeneladen "Sportsfreunde", in dem in
       der Szene beliebte Accessoires angeboten werden. Hannes Ostendorf
       schließlich ist Sänger bei "Kategorie C - Hungrige Wölfe".
       
       Einer der Hits von "KC" ist "Deutschland, dein Trikot" in dem Ostendorf
       intoniert: "Deutschland, dein Trikot / Das ist schwarz und weiß / Doch
       leider auch die Farben deiner Spieler." In einem Videoclip zu ihrer
       aktuellen CD "Deutsche Jungs" spricht die Band über ein Lied zur
       Fußball-Europameisterschaft in Polen: "Ostdeutschland", betont Frontmann
       Hannes Ostendorf. Ostendorf sagt auch, welcher neuer Song ihm persönlich
       besonders gefällt: "Antifa - Halts Maul". Schon eine Woche zuvor, am
       Samstag vor Pfingsten, konnte diese Szene an der Weser ungestört feiern.
       Auf dem Veranstaltungsschiff "De Liefde", das seinen Liegeplatz in
       Woltmershausen hat, kamen Hooligans und Neonazis zusammen. In einer Mail
       hatte der Marketingverband der Schlachte anliegende Gastronomen noch im
       Vorfeld vor einer Feier der rechten Gruppe gewarnt. Auch Eduard van der
       Velden erhielt die Mail. Der Niederländer ist Kapitän und Eigner des
       Veranstaltungsschiffes "De Liefde". Um 19 Uhr, berichtet van der Velden,
       kamen die ersten Gäste auf seinen Dreimaster. Ihnen habe er die Mail
       gezeigt. Die jungen Männer gaben aber vor, nichts damit zu tun zu haben.
       Erst später wird ihm klar, dass dieser "Fanclub" es war, vor dem gewarnt
       wurde. "Nach einiger Zeit tauchten junge Männer in gelben T-Shirts auf.
       ,Nordsturm - fünf Jahre' stand darauf", erzählt van der Velden. Immer mehr
       kahl geschorene Figuren seien aufgetaucht - insgesamt 80 Gäste, schätzt van
       der Velden. Laut Augenzeugen mit an Bord: Einige bekannte Neonazis,
       darunter NPD-Kader Daniel Fürstenberg und Henrik Ostendorf.
       
       Mit einem Reisebus waren auch Gäste aus Essen angereist. Ein Beobachter
       vermutet, dass es Mitglieder der "Alten Garde" waren, einer Hooligantruppe,
       zu der die Bremer eine "Fanfreundschaft" pflegen. Bis vier Uhr morgens
       feierten sie, "mit viel Bier und Gegröle", berichtet der Schiffseigner.
       
       Andere konnten wegen dieser Partygäste nicht wie geplant feiern. In
       Rufweite, unter der Stephanibrücke, sollte am selben Abend eine Technoparty
       mit überwiegend links-alternativem Publikum stattfinden. Noch rechtzeitig
       bekamen die VeranstalterInnen mit, in welcher Nachbarschaft sie gefeiert
       hätten. Aus Angst vor Angriffen verlegten sie die Party kurzerhand auf die
       Brachfläche hinter dem Güterbahnhof.
       
       Die Polizei beobachtete die Rechten, schritt aber nicht ein -
       möglicherweise verfügte sie nicht über ausreichende Kräfte. "Schlecht
       benommen haben sie sich nicht", sagt van der Velden über seine
       unwillkommenen Gäste. Trotzdem fühlt er sich getäuscht. Das habe er seinen
       Gästen auch gesagt - "nicht einfach, vor so viel Testosteron". Für die
       Zukunft sei er "sensibilisiert".
       
       13 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
   DIR Georg Kirsche
       
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