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       # taz.de -- Anti-AKW-Proteste: Zu Fuß, im Boot, auf dem Traktor
       
       > 160.000 Menschen demonstrierten am Wochenende für den schnellen Ausstieg
       > aus der Atomkraft. Göttingen erlebte die größte Anti-AKW-Demo seiner
       > Geschichte.
       
   IMG Bild: Diese junge Dame wurde auf der Dresdner Anti-AKW-Demo gesichtet.
       
       GÖTTINGEN taz | Mehrere hundert Meter lang ist allein der Tross aus
       Traktoren, der sich vor der Demonstration durch die Göttinger Innenstadt
       schiebt. Rund 3000 Menschen aller Altersklassen beteiligen sich an der
       Demonstration, zu der in Nordhessen und Südniedersachsen aufgerufen wurde.
       Viele mit langer Protesterfahrung: „Das ist ja wie vor 20, 30 Jahren“,
       schwärmt Landtagsabgeordnete Gabriela Andretta (SPD). Ein Mann Anfang 50
       kommentiert einen Redebeitrag, in dem die Rekommunalisierung des Göttinger
       Stromnetzes gefordert wird, mit einem „Das hab' ich doch damals schon
       gesagt, dass die alles privatisieren!“ Lautstark tragen die verschiedenen
       Generationen ihr gemeinsames Anliegen auf die Straße: „Abschalten!“
       
       Bundesweit fanden zeitgleich in 20 weiteren Städten Demonstrationen unter
       dem Motto „Atomkraft – Schluss!“ statt. Nach Angaben der VeranstalterInnen
       nahmen daran 160.000 Menschen teil. Verschiedene Umweltverbände,
       Gewerkschaften, Parteien und Anti-Atom-Initiativen hatten zu den Protesten
       aufgerufen. Die zentrale Forderung: „Das sofortige Ende der Atomkraft ohne
       Wenn und Aber.“
       
       Die größte Demonstration fand in Berlin statt, wo sich über 20.000 Menschen
       zusammen fanden. Der bunte Demonstrationszug führte zur CDU-Parteizentrale.
       Die AtomkraftgegnerInnen forderten dort Parteichefin und Kanzlerin Angela
       Merkel auf, ohne jede Verzögerung das Ende der Atomenergienutzung in
       Deutschland durchzusetzen. Immer wieder skandierten die TeilnehmerInnen
       „Abschalten! Abschalten!“ und erinnerten an die Reaktorkatastrophe im
       japanischen Fukushima
       
       ## Demo auf der Elbe
       
       Einen besonderen Ort für die Kundgabe ihres Protestes hatten sich einige
       AtomkraftgegnerInnen in Hamburg überlegt: die Elbe. Rund 15 Boote -
       Paddler, Motorboote und Segelschiffe - schipperten mit bunten Bannern auf
       dem Fluss neben dem Protestzug entlang. Insgesamt gingen hier mehrere
       Tausend Menschen auf die Straße und das Wasser. Während die Polizei von
       9000 AtomkraftgegnerInnen spricht, haben die Veranstalter hier 20.000
       gezählt.
       
       Auch in Bayern schwenkten DemonstrantInnen zu Tausenden Fahnen mit der
       Anti-Atom-Sonne und Aufschriften wie „Atomkraft? Nein Danke“. Allein in
       München waren es nach Angaben der VeranstalterInnen etwa 25.000, die
       Polizei sprach von 11.500 TeilnehmerInnen. Gegen 14.30 Uhr setzten sich die
       Demonstrierenden in mehreren bayerischen Städten für eine Sitzblockade auf
       den Boden.
       
       ## Auf Wiedersehen in Brokdorf
       
       Auf dem Göttinger Albani-Platz tritt zum Schluß Elmar Altvater als
       Hauptredner auf. „Atomreaktoren erzeugen nicht nur Strom, sondern auch
       Macht“, sagt er. Und dass mit dem Ende der Atomkraft auch das Ende der
       fossilen Energiegewinnung einhergehen müsse. Die OrganisatorInnen der
       Demonstration bitten um Spenden für ihre Auslagen. „Am besten nur Scheine“,
       sagt einer. Zufrieden sind sie trotzdem: „Das war die größte
       Anti-Atomkraft-Demonstration in der Geschichte Göttingens“, sagt Tobias
       Darge von der lokalen Anti-Atom-Initiative.
       
       Ihre Proteste wollen die AtomkraftgegnerInnen nun ausweiten und
       verschärfen. Ab Pfingsten soll das schleswig-holsteinische Atomkraftwerk
       Brokdorf blockiert und ab Sommer die Bauarbeiten im Salzstock Gorleben für
       ein Jahr behindert werden.
       
       29 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Benjamin Laufer
       
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