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       # taz.de -- Drohnen-Angriffe der USA: Obamas ferngesteuerter Krieg
       
       > US-Präsident Barack Obama hat das geheime Tötungsprogramm der CIA
       > ausgeweitet. 200 Drohnenangriffe ließ er in seiner Amtszeit in Pakistan
       > fliegen.
       
   IMG Bild: Auch nachts lauert die Gefahr: Predator-Drohne fliegt am Mond vorbei nach Süd-Afghanistan.
       
       "Machay" nennen die Paschtunen in den pakistanischen Stammesgebieten die
       Drohnen der USA angeblich. Wespen. Wegen der summenden Geräusche, die die
       unbemannten Flugzeuge verursachen, wenn sie über Waziristan kreisen. Die
       US-Amerikaner selbst haben ihren Drohnen den Namen "Predator" gegeben,
       Raubtier, das Nachfolgemodell heißt "Reaper", zu Deutsch: Sensenmann.
       
       Ursprünglich waren die Drohnen nur zur Überwachung aus der Luft gedacht,
       doch nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurden die unbemannten
       Flugzeuge mit Hellfire-Raketen ausgerüstet, um mutmaßliche Terroristen
       gezielt töten zu können. Eineinhalb Tage lang kann der "Sensenmann" in der
       Luft bleiben - und auf Knopfdruck zuschlagen. Gesteuert werden die Drohnen
       per Joystick, angeblich von Camp Chapman in Afghanistan und aus der 11.000
       Kilometern entfernten CIA-Zentrale in Langley im US-Bundesstaat Virginia.
       
       Offiziell erzählen die USA nichts über den Drohnenkrieg in Pakistan.
       Deshalb ist man auf Zahlen angewiesen, wie sie Peter Bergen und Katherine
       Tiedemann von der New America Foundation erheben. Sie werten seit Jahren
       penibel Medienberichte aus und kommen auf 244 US-Drohnenangriffe im
       Nordwesten Pakistans seit 2004. Dabei sollen zwischen 1.480 und 2.360
       Menschen getötet worden sein. Ihre Zahlen belegen auch, wie stark
       US-Präsident Barack Obama das hochumstrittene Tötungsprogramm seit seinem
       Amtsantritt ausgeweitet hat: Im Schnitt hat er sieben Drohnenangriffe pro
       Monat in Pakistan befohlen.
       
       ## Etwa 20 Prozent der Getöteten sind Zivilisten
       
       Wie viele Zivilisten dabei ums Leben kommen, ist nur schwer zu ermitteln.
       Bergen und Tiedemann schätzen den Anteil auf etwa 20 Prozent. Chris Rogers
       von der Menschenrechtsorganisation Campaign for Innocent Victims in
       Conflict (Civic) befürchtet, dass die Zahl der zivilen Opfer noch höher
       ausfällt. Er hat neun Drohnenangriffe in den Jahren 2009 und 2010 genau
       untersucht und dabei die Zahl von 30 toten Zivilisten ermittelt, darunter
       14 Frauen und Kinder. Die relativ niedrigen Zahlen an zivilen Opfern, die
       von US-Offiziellen anonym gestreut werden, zweifelt Rogers massiv an.
       
       Auch Bergen und Tiedemann von der New America Foundation kommen - jenseits
       von juristischen Fragen - zu einer skeptischen Einschätzung der
       Drohnenangriffe. Auch wenn die gezielten Tötungen kurzfristig die
       militärischen Möglichkeiten der Militanten einschränkten, trieben sie
       langfristig den Taliban und al-Qaida neue Rekruten zu, schreiben sie in
       einer Analyse.
       
       Auch nach dem Tod von Osama bin Laden haben die USA ihre Angriffe
       fortgesetzt, acht Drohneneinsätze zählen die Experten von der New America
       Foundation, seit bin Laden Anfang Mai in einem Haus in Abbottabad von einem
       US-Spezialkommando erschossen wurde.
       
       In Pakistan regt sich immer stärkerer Widerstand gegen die gezielten
       Tötungen der USA. Vor einer Woche demonstrierten mehr als 5.000 Menschen in
       Karatschi, angeführt vom ehemaligen Cricket-Helden und heutigen
       Politpopulisten Imran Khan. Die Demonstranten hielten Plakate in die Luft,
       darauf stand geschrieben: "Stoppt die Drohnenangriffe auf Pakistan". Und:
       "Tod für Amerika".
       
       29 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wolf Schmidt
       
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