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       # taz.de -- Abschied von Atomenergie: Merkel will Ausstieg bis 2022
       
       > Derzeit sind nur noch 4 von 17 Meilern am Netz. Nun liebäugelt die
       > Kanzlerin mit dem schon von Rot-Grün vorgegebenen AKW-Ausstiegstermin.
       
   IMG Bild: Könnte auch mal entfernt werden: Button eines Atomkraftbefürworters bei der CSU-Klausurtagung.
       
       FREIBURG taz | Bundeskanzlerin Angela Merkel CDU hat sich am Wochenende
       etwas verklausuliert für einen Atomausstieg binnen elf Jahren
       ausgesprochen.
       
       Nachdem die CSU auf einer Sitzung im Kloster Andechs beschlossen hatte, den
       Ausstieg in Bayern spätestens bis 2022 zu vollziehen, sagte Merkel: "Ich
       finde, dass der Zeitraum, in dem die CSU ihre Entscheidungsmöglichkeit
       sieht, ein richtiger Zeitraum ist." Der Termin entspricht übrigens ziemlich
       genau den Vorgaben des Ausstiegsgesetzes von Rot-Grün, das bis Herbst galt.
       
       Umweltorganisationen und Energieexperten halten einen schnelleren Abschied
       von der Atomenergie für machbar: Laut Greenpeace wäre er bis 2015 möglich -
       bei einem gleichzeitigen Ausstieg aus der Kohle bis 2040. Der Umweltverband
       WWF und das Öko-Institut gehen davon aus, dass er ohne Abstriche beim
       Klimaschutz bis 2020 praktikabel ist. Und Hubert Weiger, Vorsitzender des
       Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), sagte am Wochenende, ein
       Atomausstieg sei sogar bis 2012, zumindest aber in der laufenden
       Legislaturperiode zu schaffen.
       
       Erwartungsgemäß kritisierten die Grünen deshalb den Zeitplan der
       Bundesregierung als zu lang. Fünf Jahre weniger seien "machbar, wenn der
       politische Wille dafür da ist". Skeptisch mache aber vor allem, dass die
       CSU den Verlauf der Energiewende regelmäßig überprüfen und ihre Ziele
       gegebenenfalls anpassen wolle: "Die CSU will sich mit ihrer
       Überprüfungsklausel nicht nur ein Hintertürchen, sondern ein ganzes
       Scheunentor für einen deutlich späteren Atomausstieg offenhalten", sagte
       Grünen-Chefin Claudia Roth. Noch rascher als die Grünen will Linken-Chefin
       Gesine Lötzsch aus der Atomenergie raus - bis 2014.
       
       Unterdessen sank die Atomstromerzeugung in Deutschland am Wochenende auf
       den niedrigsten Stand seit den siebziger Jahren. Nachdem EnBW schon vor
       einer Woche den Reaktor Philippsburg 2 zur Revision vom Netz genommen
       hatte, fuhr am Samstag auch RWE seinen Meiler Emsland wegen routinemäßiger
       Wartungsarbeiten herunter. Damit sind nun für eine Woche nur vier von 17
       deutschen Atomreaktoren am Netz, also nur noch 5.900 von 20.500 Megawatt
       Bruttoleistung verfügbar. So decken die deutschen Kraftwerke aktuell
       weniger als zehn Prozent des hiesigen Strombedarfs, 2010 waren es im Mittel
       22 Prozent.
       
       Knapp und damit teuer wurde Strom jedoch nicht, belegt der Spotmarkt der
       Leipziger Strombörse. Der Großhandelspreis für Strom, der am Sonntag
       verbraucht wurde, war mit 4,8 Cent je Kilowattstunde recht moderat. Andere
       Kraftwerke fangen den Ausfall derzeit auf. Am Sonntag zur Mittagszeit war
       dies vor allem die Sonne: Die Fotovoltaikanlagen im Land lieferten
       zeitweise mehr als 10.000 Megawatt, fast doppelt so viel wie alle
       Atomkraftwerke zusammen.
       
       22 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Atomkraft
       
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