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       # taz.de -- Kommentar Ethikkommission: Atomausstieg für alle
       
       > Neu ist an dem Atomausstiegspapier der Ethikkommission nichts. Das gab es
       > schon unter Rot-Grün. Wird es jetzt umgesetzt, kann Deutschland eine
       > globale Vorreiterrolle einnehmen.
       
       Sollte das viertgrößte Industrieland der Welt tatsächlich kollektiv
       beschließen, binnen zehn Jahren aus der Atomkraft auszusteigen, es wäre ein
       großer Moment. Nach dem Papier der Ethikkommission ist klar: Es geht ohne
       AKWs, in allen Bereichen.
       
       Klimaschutz klappt trotzdem, Arbeitsplätze entstehen, Import von Atomstrom
       ist nicht nötig - falls, ja falls die Energiewende ein nationales
       Gemeinschaftswerk wird. Wenn sich Deutschland das hinter die Ohren
       schreibt, nimmt das Land eine globale Vorreiterrolle ein, die es auf
       Jahrzehnte prägen wird.
       
       Allerdings handelt es sich bei dem Text nicht um ein Gesetz, sondern um ein
       vorläufiges Papier der aus Merkels Erklärungsnot geborenen Ethikkommission.
       Aller Wahrscheinlichkeit nach ist es von denen der Presse zugespielt
       worden, die den Atomausstieg möglichst lange hinauszögern wollen. Und genau
       das macht es schon fast verbindlich.
       
       Denn 2021, das klingt wie das Maximale, was an AKW-Laufzeit noch politisch
       herauszuholen ist. Ein früherer Ausstieg wäre zwar machbar und auch
       wünschenswert. Schließlich wird Atomkraft nicht dadurch sicherer, dass man
       weiß, wann sie endet.
       
       "Spätestens 2021" aber ist ein Drops, den alle lutschen können: Die
       Konzerne bekommen ungefähr den rot-grünen Beschluss zurück, mit dem konnten
       sie schon einmal leben; Merkel wird den Termin als "vernünftig und mit
       Augenmaß" an das Wahlvolk verkaufen. Und schließlich sollen die alten
       Meiler, die bis exakt einen Tag vor der Katastrophe in Fukushima noch zu
       den "sichersten der Welt gehörten", gleich abgeschaltet bleiben. Die
       Regierung würde sich ins Knie schießen, wenn sie hinter die Ergebnisse
       ihrer eigenen Kommission zurückfallen würde.
       
       Das Papier zeigt also, obwohl vorläufig, deutlich in die Richtung, in die
       es gehen wird. Neu ist daran nichts. Umstieg auf regenerative Energien ist
       schon lange Konsens, Atomausstieg bis Anfang der 2020er - schon mal gehabt.
       Bis Mitte Juli will die Regierung diese neue, alte Energiewende in
       Gesetzesform gegossen haben.
       
       Mal schauen, ob sie den Atomausstieg ohne Wenn und Aber festschreibt. Oder
       ein paar Hintertürchen offen lässt. Davon hängt ab, wie sehr sich die
       Wirtschaft an die nötigen Investitionen macht - und letzten Endes, ob
       Deutschland international ein gutes oder ein gescheitertes Vorbild für eine
       Energiewende wird.
       
       11 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ingo Arzt
       
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