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       # taz.de -- Kommentar Pakistan und al-Qaida: Das Pakistan-Problem
       
       > Premier Gilani ist schwach gegenüber Militär und Geheimdienst. Das
       > Problem des Westens mit Pakistan bleibt - und das Pakistans mit dem
       > Terrorismus auch.
       
       Präsident Obamas Forderung an Pakistans Regierung, zu untersuchen, wie
       Al-Qaida-Chef Osama bin Laden offenbar jahrelang in Abbottabad in direkter
       Nachbarschaft zur pakistanischen Militärakademie leben konnte, unterstützen
       auch sonst US-kritische Menschen in Pakistan. Doch dort fragen sie sich
       mindestens genauso, wie ein US-Spezialkommando aus Afghanistan kommend
       unbemerkt bis Abbottabad vordringen, bin Laden töten und ungehindert wieder
       abfliegen konnte.
       
       Pakistans Premier Gilani nahm hierzu am Montag erstmals vor dem Parlament
       Stellung. Die gute Nachricht: Er sagte eine umfassende Untersuchung zu. Die
       schlechte: Gilani trug ansonsten nichts zur Aufklärung bei. Er beschwor
       lediglich die nationale Einheit und verbreitete nationalistisches Pathos.
       
       Gilanis Rede zeigt auch die Schwäche seiner Regierung gegenüber Militär und
       Geheimdienst. In einem "normalen" Land wären deren Chefs nach diesem
       Versagen nicht mehr zu halten. Stattdessen hat Gilani sich vor die
       Institutionen gestellt, die von bin Laden wie den USA gerade vorgeführt
       wurden. Die Krise bietet Gilani eigentlich die Chance, diese
       selbstherrlichen Einrichtungen einer stärkeren zivilen Kontrolle zu
       unterstellen. Doch sein demonstrativer Schulterschluss mit ihnen lässt
       nicht erkennen, dass er sich das überhaupt zutraut.
       
       Gilani negierte erneut das Problem, das Pakistans Nachbarn wie der Westen
       bei seinen Strategen sehen: das ambivalente Verhältnis zum Terrorismus und
       die Funktionalisierung bewaffneter Islamisten für außenpolitische Zwecke.
       Solange Pakistan hier nicht für Klarheit sorgt, wird sein Verhältnis zu
       Afghanistan und Indien nicht friedlich und die Zusammenarbeit mit dem
       Westen nicht vertrauensvoll.
       
       Leider hat auch das Vorgehen der USA bei der Tötung bin Ladens nicht für
       Vertrauen gesorgt. Dazu zählt nicht nur die Verletzung der pakistanischen
       Souveränität, sondern auch, dass die Ereignisse vom 2. Mai nicht unabhängig
       überprüfbar sind und die USA daran offenbar kein Interesse haben. Bereits
       jetzt streiten sich Washington und Islamabad über die Gefährlichkeit bin
       Ladens in Abbottabad wie auch um den Zugang zu seinen in pakistanischem
       Gewahrsam befindlichen Frauen. Das Problem, das der Westen mit Pakistan
       hat, dürfte deshalb ebenso wie Pakistans problematischer Umgang mit dem
       Terrorismus weiter bestehen.
       
       9 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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