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       # taz.de -- Verschwörungstheorien in US-Blogs: Bin Laden ganz lebendig
       
       > Auf die Nachricht über bin Ladens Tod folgt der Neidreflex der US-Rechten
       > - sie gönnen Obama den Triumph nicht. Verschwörungstheorien sind populär.
       
   IMG Bild: Nicht alle Amerikaner wollen glauben, was die Titelseite von "Time" auf einer Werbetafel verkündet: dass Osama bin Laden tot ist.
       
       Ein Foto ist ein Foto, ist kein Foto. Während die US-Regierung noch darüber
       debattiert, ob ein Foto des getöteten al-Qaida-Chefs Osama bin Laden
       veröffentlicht werden soll, hat der rechte Fernseh- und Radiomoderator
       Glenn Bleck das bereits für seine Anhänger erledigt.
       
       In einem Blog-Eintrag auf seiner Homepage ([1][www.glennbeck.com]) zeigt
       der erzkonservative Fan der Tea-Party-Bewegung, wie leicht ein [2][Bild des
       toten Bin Laden zu kreieren ist] – Photoshop sei Dank. Darunter der dezente
       Hinweis, dass es sich bei diesem Foto um eine Fälschung handelt und der
       Eintrag nichts mit der Frage zu tun hätte, ob Bin Laden tot sei oder nicht.
       "Er ist es. Wir haben nur noch kein Foto gesehen", schreibt Beck.
       
       Doch warum dann diese Demonstration, wie leicht auch ein vermeintlicher
       Fotobeweis in seiner Glaubwürdigkeit zu erschüttern ist? So ganz gönnt Beck
       US-Präsident Barack Obama den Triumph nicht. In einer seiner Radiosendungen
       fragte Beck am Dienstag: "Sehen wir eine Show? Kann es sein, dass Osama bin
       Laden von dem Gelände phantomisiert wurde?"
       
       Für die Linke sind Becks Verschwörungstheorien ein klarer Hieb gegen den
       demokratischen US-Präsidenten. Jason Easley widmet sich auf
       [3][politicususa.com] ausführlich dem Thema und schreibt: "In Zeiten
       emotionaler Krisen kann sich die labile politische Rechte immer darauf
       verlassen, dass Glenn Beck dafür sorgt, dass alles besser wird, indem er
       sie in eine Fantasiewelt führt, in der die Realität nicht zählt."
       
       ## Glenn Beck kann die Wahrheit nicht vertragen
       
       Und auf [4][mediamatters.org] feixt User "Galmud": "Offensichtlich kann
       Glenn Beck die Wahrheit nicht vertragen." Die Wahrheit können offenbar
       einige Rechte nicht vertragen, wie mediamatters.org beschreibt. Die Seite
       trägt nach eigener Aussage Falschinformationen von konservativen Medien
       zusammen und korrigiert sie. Korrigiert werden soll so auch
       Fox-News-Moderator Andrew Napolitano. Die Seite zitiert aus Napolitanos
       Show vom Montag, in der der Moderator sich fragt, "ob die Regierung uns die
       Wahrheit erzählt oder ob sie nur einen Schnellschuss inszeniert, um Obamas
       lausige Präsidentschaft zu retten."
       
       Die konservative Politikerin Sarah Palin tut sich ebenfalls schwer damit,
       Obamas Regierung zu loben. Zwar geht sie nicht so weit, den Tod bin Ladens
       offen in Frage zu stellen, doch sie schafft es, in einer Rede im
       US-Bundesstaat Colorado den Namen des Präsidenten unerwähnt zu lassen und
       vielmehr Ex-Präsident Bush zu loben, der die "Maßnahmen ergriffen hat, die
       zu diesem Sieg führten". Außerdem wundert sich Palin über die allzu
       schnelle See-Bestattung der Leiche bin Ladens.
       
       Für Bloggerin Sarah Jones lautet Palins Strategie: "Sie 'akzeptiert' die
       Seebestattung Osama bin Ladens genau so wie sie Obamas Geburtsurkunde
       'akzeptiert', gleichzeitig aber ihre Anhänger auffordert, Fragen zu
       stellen", schreibt Jones auf politicusa.com. Jones spielt damit auf die
       Konservativen an, die immer wieder behaupteten, Obama sei gar nicht in den
       USA geboren und damit nicht rechtmäßiger Präsident. Das Weiße Haus sah sich
       schließlich genötigt, die Geburtsurkunde Obamas [5][zu veröffentlichen].
       
       ## "Glauben Sie, wir sind dumm, Mister President?"
       
       Und die Anhänger der Tea-Party-Bewegung lassen sich von ihrer Ikone Palin
       nicht lange bitten. Auf [6][teapartynation.com] fragt Anhänger Jeff Waller:
       "Wir haben die Exekution von Saddam Hussein auf Video aufgenommen … Aber
       wir haben nicht den Leichnam des vom FBI seit zehn Jahren meist gesuchten
       Verbrechers? Glauben Sie, wir sind dumm, Mister President?"
       
       Eine andere Art der Verschwörung wittert der rechte Radiomoderator Alex
       Jones und lässt in seiner Show Dr. Steve R. Pieczenik zu Wort kommen, der
       als ehemaliger "Top-Insider der US-Regierung" vorgestellt wird . Der
       verkündet, dass bin Laden bereits 2001 gestorben sei. "Nicht etwa, weil
       Spezialeinheiten ihn getötet hätten, sondern weil er am Marfan-Syndrom
       litt", ist auf Jones Homepage, [7][prisonplanet.com] nachzulesen. Bin Laden
       gestorben an einer genetischen Erkrankung? Für Anhänger dieser Theorie
       bleibt nur eine Schlussfolgerung: Die jetzige Todesnachricht diene nur
       dazu, Obamas schlechte Umfragewerte aufzupäppeln, so Pieczenik.
       
       Die wiederum sind seit der Nachricht über bin Ladens Tod tatsächlich
       sprunghaft angestiegen. Laut einer [8][Umfrage von CBS und New York Times]
       vom Mittwoch sind 57 Prozent der Befragten Amerikaner grundsätzlich mit
       Obamas Arbeit einverstanden. Vor zwei Wochen lag seine Zustimmungsrate bei
       46 Prozent. Ein plus von elf Prozent. Wenn das nicht die nächsten
       Verschwörungstheoretiker auf den Plan rufen wird.
       
       4 May 2011
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.glennbeck.com/
   DIR [2] http://www.glennbeck.com/content/blog/stu/is-that-a-real-picture-of-osama-bin-laden-dead-warning-disturbing-photos/
   DIR [3] http://www.politicususa.com
   DIR [4] http://www.mediamatters.org
   DIR [5] http://www.whitehouse.gov/blog/2011/04/27/president-obamas-long-form-birth-certificate
   DIR [6] http://www.teapartynation.com
   DIR [7] http://www.prisonplanet.com
   DIR [8] http://www.cbsnews.com/8301-503544_162-20059622-503544.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rieke Havertz
       
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