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       # taz.de -- Bürgerkrieg in Libyen: Rebellen beharren auf Rücktritt
       
       > Die Rebellen lehnen den von der Afrikanischen Union vorgeschlagenen
       > Friedensplan ab. Unterdessen brachten sie die Stadt Adschdabija im Osten
       > wieder unter ihre Kontrolle.
       
   IMG Bild: Gaddafi war vor zwei Jahren Vorsitzender der Afrikanischen Union und ließ ihr finanzielle Mittel zukommen: Gaddafi mit dem südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma.
       
       TRIPOLIS dapd/dpa | Die Aufständischen in Libyen bestehen nach der Vorlage
       eines Friedensplans der Afrikanischen Union (AU) auf der vollständigen
       Ablösung Mummar al-Gaddafis von der Macht. Bei dieser Forderung sei kein
       Kompromiss möglich, sagten Vertreter der Rebellen am Montag in Bengasi.
       Gaddafi habe den Plan, der eine Waffenruhe und Diskussionen über die
       Forderungen der Aufständischen vorsieht, zuvor akzeptiert, sagte Ramtane
       Lamamra, der AU-Kommissar für Frieden und Sicherheit, bei einer im
       Fernsehen übertragenen Pressekonferenz in Tripolis.
       
       "Was gibt es hier zu verhandeln. Wir werden keinen Kompromiss akzeptieren",
       sagte Ahmed Buseini, ein Rebellenkämpfer in Bengasi. Ahmed al-Bani,
       Sprecher der Aufständischen, sagte dem arabischen Nachrichtensender
       Al-Dschasira: "Es gibt nur eine militärische Lösung." Gaddafi verstehe nur
       diese Sprache.
       
       Die Präsidenten von Südafrika, Mali, Mauretanien, Uganda und der
       Demokratischen Republik Kongo hatten Gaddafi am Sonntag ihre Vorstellungen
       vorgelegt. Am Montag wollten sie den Plan in der Rebellenhochburg Bengasi
       präsentieren.
       
       Nachdem Gaddafi die hochrangig besetzte AU-Delegation empfangen hatte,
       kündigte der Präsident von Südafrika, Jacob Zuma, in der Nacht überraschend
       seine Abreise an. Als Grund nannte er nicht näher erklärte
       "Verpflichtungen, die mich zur Abreise zwingen". Einige der Aufständischen
       werteten dies als Indiz dafür, dass Zuma, der als einziges
       Delegationsmitglied aus einem "demokratischen Land" stamme, nach dem
       Treffen mit Gaddafi ernüchtert gewesen sei.
       
       Die panafrikanische Organisation hatte sich zuletzt wiederholt für eine
       Verhandlungslösung in Libyen stark gemacht. Sie verweigert sich aber der
       Forderung der libyschen Aufständischen und des Westens, dass Gaddafi die
       Macht abgeben und mit seiner Familie das Land verlassen müsse.
       
       ## Angeblich will Gaddafis Sohn übernehmen
       
       Die arabische Tageszeitung Al-Sharq Al-Awsat meldete am Montag, mehrere
       internationale Vermittler hätten dem Übergangsrat in Bengasi signalisiert,
       dass Gaddafi inzwischen bereit sei, die Macht für eine Übergangszeit an
       seinen Sohn Saif al-Islam zu übergeben. Er selbst wolle dann nur noch eine
       "symbolische Rolle" spielen. Ziel sei die Umwandlung Libyens in eine
       demokratische Republik.
       
       Im Übergangsrat gebe es einige Verantwortliche, die unter bestimmten
       Bedingungen bereit seien, diesen Vorschlag zu akzeptieren, schrieb das
       Blatt. Allerdings hätten selbst diese kompromissbereiten Kräfte darauf
       hingewiesen, dass die Bevölkerung - insbesondere die Bewohner der Städte im
       Osten - möglicherweise nicht damit einverstanden seien. Denn Gaddafis Sohn
       habe sie mit aggressiven Äußerungen über die Aufständischen gegen sich
       aufgebracht.
       
       Die libyschen Rebellen haben unterdessen die Stadt Adschdabija im Osten des
       Landes nach heftigen Kämpfen wieder eingenommen, wie die Medien der
       Aufständischen unterdessen meldeten. Sie erklärten außerdem, ihren Kämpfern
       in der westlichen Stadt Misurata sei es gelungen, einen Angriff der Truppen
       Gaddafis zurückzuschlagen. In den vergangenen 20 Tagen sind in Misurata
       nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef mindestens 20 Kinder bei
       Kampfhandlungen getötet worden. In der siebten Woche der Belagerung durch
       Gaddafis Truppen seien in der Stadt zehntausende Kinder gefährdet, hieß es
       weiter.
       
       ## Trittin hält humanitären Einsatz für möglich
       
       Die Grünen schließen einen humanitären Militäreinsatz der Bundeswehr in
       Libyen nicht aus. "Wir halten es für unabweisbar, dass den Menschen in
       Libyen geholfen wird", sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin am Montag
       im "ARD-Morgenmagazin". Wenn zur Unterstützung dieser humanitären Hilfe
       eine militärische Absicherung der Transporte nötig sei, dann müsse die
       Bundesregierung ein Mandat vorlegen. "Wir sind bereit, ein solches Mandat
       ernsthaft zu prüfen und zur Zeit spricht mehr dafür als dagegen."
       
       Dass deutsche Soldaten auch in Libyen an Land gehen könnten, sei nicht
       ausgeschlossen und hänge vom konkreten Mandat ab, sagte Trittin. Dies sei
       aber anders, als wenn man sich beispielsweise in Form von Luftangriffen
       direkt an Kriegshandlungen beteilige. "Man verteidigt eine Mission der
       Vereinten Nationen, das halte ich für vertretbar, übrigens auch für
       notwendig", sagte der Grünen-Politiker.
       
       Erneut kritisierte Trittin, dass die Bundesregierung sich nicht an der
       Durchsetzung des Waffenembargos beteiligen wolle. "Man darf in einen
       solchen Konflikt keine Waffen hineinströmen lassen", sagte er. Man müsse
       dafür sorgen, dass in einer solchen Notsituation den Menschen geholfen
       werde. Falls notwendig, sei man "genauso wie zum Beispiel im Sudan, Darfur
       und ähnlichen Regionen der Welt, dafür, dass Deutschland sich an solchen
       Einsätzen beteiligt".
       
       11 Apr 2011
       
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       nicht mehr aus.