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       # taz.de -- Islamdebatte in Frankreich: Verschärftes Kopftuchverbot
       
       > Auf Initiative des Präsidenten diskutiert dessen Regierungspartei UMP
       > über den Umgang mit Muslimen. Man gibt sich versöhnlich – und bereitet
       > schärfere Gesetze vor.
       
   IMG Bild: Demonstration in Paris gegen die von Präsident Nicolas Sarkozy initiierte Islamdebatte.
       
       PARIS taz | Die von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy gewünschte
       Islamdebatte seiner Regierungspartei UMP hat schließlich doch
       stattgefunden, und dies trotz Protesten und Warnungen von allen Seiten,
       inklusive aus den eigenen Reihen der konservativen Mehrheit. Wegen der
       heftigen Vorabkritik wurden bei diesem Meinungsaustausch über Staat und
       Glauben am Dienstagabend in Paris möglichst versöhnlich klingende Töne
       angeschlagen. Die politischen und religiösen Kritiker dieser Kontroverse
       über eine Aktualisierung der laizistischen Regeln der Republik wurden
       ignoriert. Auch wurden keine konkreten Beschlüsse gefasst oder neue Gesetze
       formuliert. Viel Lärm um nicht, meinte die katholische Tageszeitung La
       Croix, die wie ein Echo der Bischofskonferenz vor einer Politisierung des
       Konfessionellen und einer Anprangerung des Islam gewarnt hatte.
       
       Die Organisation dieser ursprünglich exklusiv dem Islam gewidmeten und dann
       in "Debatte über die Laizität" umbenannten Kontroverse der UMP hat dennoch
       neue Gräben aufgerissen. Dafür hatte Sarkozy mit seiner Initiative gesorgt,
       indem er ohne Berührungsängste mit antimuslimischen Kampagnen der
       Rechtspopulisten von einem Unbehagen mit dem Islam sprach und als Vorgabe
       dieser Debatte sagte: "Ich will keine Minarette, keine Gebete auf der
       Straße und keine Gebetsrufe in der Öffentlichkeit." Innenminister Claude
       Guéant ging noch weiter: Die wachsende Zahl der muslimischen Gläubigen und
       gewisse Praktiken seien ein Problem.
       
       Ausgehend von 26 unverbindlichen Vorschlägen des UMP-Parteichefs
       Jean-François Copé möchte er die laizistischen Regeln verschärfen. Das
       Tragen von "Zeichen religiöser Zugehörigkeit" (wie das Kopftuch oder ein
       Schleier) soll auch in Krankenhäusern und sozialen Institutionen für Beamte
       und gelegentliche Mitarbeiter untersagt werden. Den Patienten soll es nicht
       erlaubt sein, beim Pflegepersonal geschlechtsspezifische Forderungen zu
       stellen.
       
       In den Schulkantinen soll es künftig als Alternative für Gläubige nicht
       mehr Halal- oder Koscher-Speisen geben, sondern vegetarische Ersatzmenüs.
       Und alle Pflichtfächer, inklusive Turnen und Sexualkundeunterricht, sollen
       ungeachtet religiöser Einwände obligatorisch sein. Zudem soll der Staat die
       Finanzierung von Moscheen durch ausländische Geldgeber über eine Stiftung
       kontrollieren. Für eine Fortsetzung der "Islamdebatte" in Frankreich ist
       damit gesorgt.
       
       6 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
   DIR Muslime
       
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