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       # taz.de -- Kommentar AKWs-Abschalten: Merkels Schuld und die Rache von RWE
       
       > Das Merkelsche Atommoratorium entpuppt sich als ein großes Fiasko für
       > Union und FDP. Zu groß ist die Gefahr, dass die AKW-Betreiber es
       > juristisch wieder kippen.
       
       Gut gemeint ist selten gut. Der von der Bundeskanzlerin und den
       Ministerpräsidenten, in deren Ländern Atomkraftwerke stehen, gefasste
       Beschluss, als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe in Japan die sieben
       ältesten Atommeiler in Deutschland für einen Sicherheitschecks für drei
       Monate abzuschalten, ist ein gutes Beispiel dafür. Denn die RWE Power AG,
       Betreibergesellschaft der beiden Reaktorblöcke in Biblis, klagt jetzt vor
       dem Verwaltungsgerichtshof Hessen gegen die vorübergehende Stilllegung.
       
       Und das mit einiger Aussicht auf Erfolg, wie Verfassungsjuristen urteilen.
       Und dann wird es richtig teuer - für uns alle.
       
       Hätten Angela Merkel und die zur Beschlussfassung exklusiv geladenen
       Regierungschefs der Unionsländer doch nur auf den Südpfälzer Kurt Beck
       (SPD) gehört. Er hat von seiner Staatskanzlei in Mainz aus
       gebetsmühlenartig auf die Notwendigkeit eines "geordneten
       Atomausstiegsgesetzes" hingewiesen.
       
       Im Einklang übrigens mit vielen Verfassungsrechtlern und mit
       Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der nach der Beschlussfassung
       die Rechtmäßigkeit des Moratoriums öffentlich anzweifelte. Doch Merkel und
       Co wollten sich unmittelbar nach der Reaktorkatastrophe als schnell und
       konsequent handelnde Politiker profilieren.
       
       Es war eine Fehleinschätzung mit reichlichen Folgen. Die Kanzlerin trägt
       zusammen mit ihrer schwarz-gelben Dilettantentruppe aufgrund ihrer
       Unterlassung die Verantwortung dafür, dass die nicht gegen
       Flugzeugabstürze, Terrorattacken und Erdbeben gesicherten Pannenmeiler in
       Südhessen - nach einer entsprechenden Entscheidung des Gerichts - schon
       bald wieder ans Netz gehen könnten.
       
       Und dafür, dass in diesem Fall wohl auch die anderen Atomstromer im Sinne
       ihrer Anteilseigner Klagen nachschieben werden. Von drohenden
       Regressforderungen in Milliardenhöhe gar nicht zu reden. Das Moratorium
       entpuppt sich als gigantisches Fiasko für Union und FDP. Beide Parteien
       stecken weiter tief in der Glaubwürdigkeitskrise. Man wünscht sich: Wären
       doch nur bald Bundestagswahlen!
       
       1 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR K.-P. Klingelschmitt
       
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