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       # taz.de -- Wie stark strahlt Fukushima?: Komplettsperrung wird diskutiert
       
       > Die Präfektur Fukushima fordert eine völlige Sperrung der Zone um den
       > Reaktor. Das Meer ist dramatisch verstrahlt. Im Westen der USA wurde
       > radioaktives Jod entdeckt.
       
   IMG Bild: Ein am 15. März geborenes Baby aus der Präfektur Fukushima wird auf Strahlung getestet.
       
       BERLIN taz | Angesichts der andauernden Strahlung aus den havarierten
       Reaktoren von Fukushima will es die Verwaltung der Präfektur Fukushima
       nicht bei der Evakuierung belassen. Sie fordert eine völlige Sperrung der
       Zone. Diese würde auch den Zutritt der bisherigen Einwohner zu ihren
       Häusern ausschließen.
       
       Solche Sperrungen ruft die Zentralregierung sonst nur bei drohenden
       Vulkanausbrüchen oder Erdrutschen aus. Sie ziehen Entschädigungen nach
       sich. Die Regierung erwäge es, sehe aber noch keine sofortige
       Notwendigkeit, so ein Regierungssprecher.
       
       Laut dem Betreiber Tepco treten aus den Reaktoren neben Jod auch andere
       radioaktive Elemente aus, so etwa Technetium-129. Die am Westtor (also
       entgegen der Windrichtung) gemessenen Strahlenwerte lägen aber höchstens
       bei 41 Prozent des Limits für Atomarbeiter in der Anlage. Die Arbeiter vor
       Ort dürfen hundertmal mehr verstrahlt werden als die Bevölkerung.
       
       ## Belastete Milch in den USA
       
       Die japanische Polizei meldete am Donnerstag, die steigende radioaktive
       Belastung erschwere auch die Bergung der Tsunamiopfer in der Umgebung des
       AKWs. Polizisten in Schutzanzügen sind mit Geigerzählern in der Region
       unterwegs. Damit kann aber nur Gammastrahlung gemessen werden. Ein
       Polizeisprecher sagte, Tote würden überall gefunden: in Autos, Flüssen oder
       unter Trümmern.
       
       Auch im Westen der USA wurde inzwischen radioaktives Jod aus Japan
       entdeckt. Die Stadt Spokane im US-Staat Washington meldete belastete Milch
       - allerdings sei die Jod-131-Belastung um das 5.000-Fache unter dem
       Grenzwert geblieben.
       
       Weit beunruhigender ist Kontamination des Meerwassers rund um das AKW
       Fukushima Daiichi. Die japanische Atomaufsichtsbehörde meldete am
       Donnerstag eine 4.385-fach höhere Konzentration von Jod-131 als erlaubt.
       Zum Vergleich: Wer einen halben Liter dieses Wassers tränke, hätte schon
       mehr als das Dreifache der erlaubten Jahresdosis an radioaktivem Jod
       aufgenommen. Die Quelle für die hohe Radioaktivität sind überlaufende
       Schächte und Tanks auf dem Reaktorgelände, vermutet Tepco.
       
       ## Keine Gefährdung durch deutsche Fischstäbchen
       
       Die hohen Belastungen im Meer gefährden die deutschen Fischstäbchen aus
       Alaskaseelachs nicht, so die bundeseigene Fischforschunganstalt
       Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut (vTI). Die Braunschweiger Forscher
       verweisen zum Vergleich auf die hohen Einleitungen durch die britische
       Wiederaufarbeitungsanlage in Sellafield. Von dort seien von 1965 bis 1985
       pro Jahr bis zu 5.000 TBq eingeleitet worden, also 5.000 Billionen
       Becquerel. Die Fischfauna der Irischen See habe das weggesteckt, Kabeljau
       von dort habe ein maximale Belastung von 10 Becquerel pro Kilogramm, einem
       Sechzigstel des Grenzwerts. Und der Pazifik sei größer.
       
       Premierminister Naoto Kan wird unterdessen aus einem Gespräch
       folgendermaßen zitiert: Der Plan zum Neubau von 14 AKWs werde überprüft,
       "inklusive der Möglichkeit, den Plan ad acta zu legen", so das staatliche
       Fernsehen NHK.
       
       31 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Metzger
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Atomkraft
       
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