URI: 
       # taz.de -- Revolution in Ägypten: Neue Regierung nimmt die Arbeit auf
       
       > Die Schlüsselressorts der umgebildeten ägyptischen Regierung wie
       > Verteidigung und Justiz bleiben unverändert. Aber zum ersten Mal sind
       > Oppositionelle und christliche Kopten dabei.
       
   IMG Bild: Er bleibt: Ägyptens Ministerpräsident Ahmed Shafik.
       
       KAIRO/BERLIN rtr/dapad/taz | In der ägyptischen Hauptstadt Kairo ist am
       Mittwoch erstmals das neue Kabinett zu einer Sitzung zusammengetreten. Der
       herrschende Militärrat hatte Anfang der Woche die noch unter dem gestürzten
       Präsidenten Husni Mubarak installierte Übergangsregierung umgebildet.
       
       Zum ersten Mal haben auch Mitglieder der früheren Opposition Ministerposten
       inne. Allerdings gab es keine Veränderungen bei den Schlüsselressorts
       Verteidigung, Äußeres, Finanzen und Justiz, die nach wie vor in den Händen
       von Mubaraks Weggefährten sind. Auch Ministerpräsident Ahmed Schafik bleibt
       im Amt.
       
       Zwei neue Mitglieder der Regierung, die am Dienstagabend vereidigt wurde,
       sind Mitglieder der Wafd- beziehungsweise der Tagammu-Partei, die unter
       Mubarak als Oppositionsparteien offiziell anerkannt waren. Von der
       unabhängigen Opposition zog der Juraprofessor Yehia al-Gamal als
       stellvertretender Ministerpräsident in die Regierung ein. Er ist ein
       führendes Mitglied der "Nationalen Vereinigung für Veränderung" des
       Friedensnobelpreisträgers Mohammed al-Baradei.
       
       Zwei Kabinettsmitglieder gehören der christlichen Minderheit der Kopten an.
       Die Muslimbruderschaft, größte Oppositionsgruppe Ägyptens, monierte, die
       neue Regierung beweise, dass Mubaraks "Kumpanen" noch immer die Politik
       kontrollierten. "Das neue Kabinett ist eine Farce", sagte das hochrangiges
       Parteimitglied Essam al-Erian. "Es tut so, als beziehe es wirklich die
       Opposition mit ein, aber in Wirklichkeit stellt diese Regierung Ägypten
       unter die Bevormundung des Westens."
       
       Auch Mohammed Abbas, Mitglied der ägyptischen Jugendkoalition, bezeichnete
       die Kabinettsumbildung als "Stückwerk" und forderte rasche und umfassende
       Neuerungen. Die Organisatoren von Jugendgruppen hoffen laut Abbas, am
       Freitag eine Million Demonstranten auf dem Kairoer Tahrir-Platz zu
       versammeln, der als Schauplatz der Proteste gegen das Regime Mubaraks
       bekannt wurde. "Wir müssen den Druck aufrechterhalten, bis alle unsere
       Forderungen erfüllt sind", sagte Abbas.
       
       Dazu gehört auch die Auflösung des Sicherheitsapparats. Wie die unabhängige
       Zeitung Al-Masry al-Youm unter Berufung auf Militärkreise berichtete,
       sollen die Chefs der Behörde ausgetauscht, der Apparat selbst aber nicht
       aufgelöst werden. Wie die Zeitung weiter schreibt, übt der Chef des
       Sicherheitsapparats, Generalmajor Hassan Abdel Rahman, seine Funktion nicht
       mehr aus. Gegen ihn soll eine Untersuchung wegen des Vorwurfs der Folter
       eingeleitet werden. Der Sicherheitsapparat untersteht dem Innenministerium.
       
       23 Feb 2011
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Militär in Ägypten: Tahrir-Platz in Kairo geräumt
       
       Einen Angriff von Mubarak-Getreuen nimmt das Militär zum Anlass, den hoch
       symbolischen Ort von Dauer-Demonstranten zu räumen. Die Reaktionen sind
       gespalten.
       
   DIR Reform der Verfassung in Ägypten: Der Bezug zur Sharia ist umstritten
       
       Die Änderung der alten Verfassung soll zuerst den Weg zu freien und fairen
       Wahlen ebnen. Danach soll eine Versammlung eine ganz neue Verfassung
       ausarbeiten.
       
   DIR Debatte Arabische Revolution: Die Türkei ist kein Vorbild
       
       Die Türkei wird jetzt als Vorbild für die arabische Welt gehandelt. Aber
       die Ägypter haben Besseres verdient als weichgespülte Muslimbrüder.
       
   DIR Siegesfeiern in Kairo: "Besucht Ägypten!"
       
       Hunderttausende feiern in Kairo die Revolution, gedenken der 365 Toten und
       fordern das Militär zu Reformen auf. Die Stimmung ist entspannt und
       freudig.
       
   DIR Kommentar Aufstände in Arabien: Sieg der Sitzblockade
       
       Auch wenn es seine neokonservativen Apologeten behaupten: George W. Bush
       ist nicht der geistige Vater der arabischen Demokratiebewegung.
       
   DIR Revolution in Ägypten: "Wir leben in einer Militärdiktatur"
       
       Die Generäle spielen nur auf Zeit, meint der Leiter des Züricher Instituts
       für Strategische Studien, Albert A. Stahel. Die Jüngeren in der Armee sind
       unzufrieden.
       
   DIR Übergangsregierung in Tunesien: Auf der Suche nach Demokratie
       
       Eine Reformkommission arbeitet an Gesetzen für einen friedlichen Übergang
       in die Demokratie zu organisieren. Bis es so weit ist, kann es noch Monate
       dauern.
       
   DIR Dossier Arabische Revolution: "Ich wusste, wir würden gewinnen"
       
       Zelte aufbauen, Wasser besorgen, Videos drehen: Die ägyptische Aktivistin
       Mona Seif erzählt, wie die Besetzer den Alltag und die Verteidigung des
       Platzes organisierten.