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       # taz.de -- Nicht zugelassener Genmais MON 810: Biologen-Streit um Marienkäfer-Tod
       
       > Der Gentechnik-Mais der Firma Monsanto (MON810) soll nicht nur
       > Schädlinge, sondern auch den Nützling Zweipunkt-Marienkäfer töten.
       > Darüber streiten zwei Biologen.
       
   IMG Bild: Gentech-Gegner wollen vor dem nichtöffentlichen Gespräch am BVL demonstrieren – für Menschen und Marienkäfer.
       
       BERLIN taz | Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
       (BVL) veranstaltet am heutigen Mittwoch ein Streitgespräch zwischen
       Wissenschaftlern, das zur Aufhebung des deutschen Gentechmais-Verbots
       beitragen könnte. Angelika Hilbeck von der Eidgenössischen Technischen
       Hochschule Zürich soll in Berlin auf Kritik an einer der Studien antworten,
       mit deren Hilfe das BVL 2009 den Anbau der Maissorte MON 810 untersagte.
       Das verlautete aus mit der Sache vertrauten Kreisen.
       
       Hilbecks Untersuchung zufolge tötet das Gift, das die Pflanze gegen
       Schädlinge produziert, auch den Nützling Zweipunkt-Marienkäfer.
       Gentech-Gegner wollen vor dem nichtöffentlichen Gespräch am BVL
       demonstrieren. Die Aktivisten vermuten, dass Bundesagrarministerin Ilse
       Aigner (CSU) nach Argumenten sucht, um ihren Widerstand gegen den Mais des
       US-Chemiekonzerns Monsanto aufzugeben. Derzeit ist nur eine gentechnisch
       veränderte Pflanze in Deutschland für den kommerziellen Anbau zugelassen:
       die Kartoffel Amflora. Umweltschützer befürchten, dass Gentech-Sorten
       Mensch und Natur gefährden und die Macht von Chemiekonzernen über die
       Ernährung ausweiten.
       
       Hilbeck hatte in ihrer Studie 2008 berichtet, dass das Gift aus der
       Bakterienart Bacillus thuringiensis (Bt) die Todesrate von
       Marienkäfer-Larven erheblich erhöhe. MON 810 produziert Bt, um die
       Insektenart Maiszünsler zu bekämpfen. Die Wissenschaftlerin hatte für ihr
       Experiment Mehlmotteneier mit Bt besprüht und diese den Larven zu fressen
       gegeben. Die Larven hätten die Schalen aufgebrochen, um den Inhalt der Eier
       zu fressen. So hätten sie auch das Bt auf der Schale zu sich genommen.
       
       Jörg Romeis von der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, die
       dem Schweizer Staat gehört, dagegen bezweifelt in seiner Gegenstudie vom
       Juli 2010, dass die Larven in Hilbecks Versuchsaufbau überhaupt das BT auf
       der Schale gefressen haben. Seine eigenen Experimente hätten gezeigt, dass
       das Bt ungefährlich für die Larven sei. In einem Versuch fütterte er sie
       mit Spinnmilben, die Bt-Mais gefressen hatten. In einem anderen mit einer
       Zuckerlösung, die Bt enthielt, wie der Biologe in einem Fachartikel
       schreibt.
       
       Hilbeck wies die Kritik an ihrer Studie zurück. "Die Larven nehmen das Bt
       auf den Schalen der Mehlmotteneier sehr wohl zu sich, weil sie diese
       aufknabbern und dabei ein Gemisch aus Schale und Eiinhalt entsteht", sagte
       die Agrarbiologin der taz. Sie werde bei dem Gespräch bei der Behörde in
       Berlin Fotos präsentieren, die dieses Fraßverhalten zeigen.
       
       Der Spinnmilbenversuch von Romeis beweise nicht die Ungefährlichkeit des
       Bt, erklärte Hilbeck weiter. Zum einen komme das Gift in den Spinnmilben in
       geringeren Konzentrationen vor als in den direkten Fütterungsstudien. Das
       Gift könnte im Körper der Spinnmilben so verändert werden, dass es den
       Larven nicht schadet. Auch das Experiment mit der Zuckerlösung lässt die
       Forscherin nicht gelten. "Wir haben die Larven neun bis zehn Tage mit Bt
       gefüttert, Romeis dagegen an einzelnen Tagen und dann erst nach einer
       Erholungspause wieder." Das sei ein fundamentaler Unterschied und führe zu
       anderen Ergebnissen, die ihre Studien ergänzten, aber nicht widerlegten.
       
       8 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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