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       # taz.de -- Frankreichs Außenministerin in der Kritik: Urlaubsgrüße aus Tunesien
       
       > Wegen eines Tunesienurlaubs, bei dem sie auch den Privatjet eines
       > Vertrauten des Diktators Ben Ali benutzen durfte, steht Außenministerin
       > Alliot-Marie unter Druck.
       
   IMG Bild: Die französische Außenministerin Michele Alliot-Marie ist nach Ansicht der Opposition nicht mehr haltbar.
       
       PARIS taz | Die französische Außenministerin Michèle Alliot-Marie soll
       zurücktreten. Sie habe durch ihr Auftreten und ihre Fehler während des
       Volksaufstands in Tunesien dem Ansehen Frankreichs in der Welt geschadet,
       erklärte der Sprecher der Sozialisten in der Nationalversammlung, Jean-Marc
       Ayrault.
       
       Seit bekannt wurde, dass die Außenministerin während ihres letzten Urlaubs
       am Jahresende in Tunesien auch den Privatjet eines angeblichen Vertrauten
       des gestürzten tunesischen Diktators Ben Ali umsonst benutzen durfte, ist
       sie nach Ansicht der gesamten Opposition nicht mehr haltbar. Sie selbst
       hingegen sieht sich als Opfer einer gemeinen Anschuldigung. Ein
       zwanzigminütiger Gratisflug in der Maschine des mit ihr befreundeten
       tunesischen Geschäftsmanns Aziz Miled ist für sie jedenfalls kein Anlass,
       sich irgendwie entschuldigen zu müssen.
       
       In ihrem Bemühen, sich aus der Affäre herauszureden, verstrickte sie sich
       nur noch in neue Widersprüche. So konnte oder wollte sie sich an den Beginn
       der Unruhen und der Repression in ihrem Urlaubsziel Tunesien nicht genau
       erinnern.
       
       Auch beschrieb sie ihren kompromittierenden Gastgeber als
       bemitleidenswertes Opfer des Regimes, weil ihm in der Vergangenheit als
       Partner seiner Fluggesellschaft Nouvelair Ben Alis Schwager Belhassen
       Trabelsi aufgezwungen worden sei. In zahlreichen Online-Kommentaren aus
       Tunesien wird dagegen gesagt, Miled sei zwar bestimmt wie andere auch zur
       Kasse gebeten worden, er verdankte aber dennoch seinen Erfolg auch seinen
       Beziehungen zum Clan Ben Ali-Trabelsi.
       
       Genau aus diesem Grund steht sein Name auch auf der Liste von rund 30
       tunesischen Persönlichkeiten, deren Guthaben und Vermögenswerte in der
       Schweiz auf Beschluss des Bundesrats vorläufig blockiert werden.
       
       Er war auch von Ben Ali persönlich mit einem Verdienstorden ausgezeichnet
       und ins tunesische Oberhaus nominiert worden. Auch gehörte er zu den 65
       Persönlichkeiten, die in einem Appell Ben Ali ersuchten, sich 2014
       wiederwählen zu lassen.
       
       Obschon noch vor wenigen Monaten Präsident Nicolas Sarkozy gefordert hatte,
       die Regierungsmitglieder müssten über jeden Verdacht von
       Interessenkonflikten oder gar Bestechlichkeit erhaben sein, unterstützte er
       zusammen mit Regierungschef François Fillon die auf dem internationalen
       Parkett ausgerutschte Ministerin.
       
       Die französische Staatsführung möchte verhindern, dass nun die Stunde der
       Abrechnung wegen der besonders engen Beziehungen zwischen Paris und dem
       langjährigen Partner Ben Ali schlägt. Alliot-Marie ist dafür nur ein
       eklatantes Beispiel. Sie hatte sich auch selber in die Schusslinie
       manövriert.
       
       Noch zwei Tage vor Ben Alis Flucht hatte ihr Ministerium die Lieferung von
       Tränengasgranaten abgesegnet. Wegen Unstimmigkeiten in der Zollerklärung -
       und nicht aufgrund einer politischen Intervention - wurde die Lieferung am
       Flugplatz gerade noch blockiert. Dass man ihr daraus nachträglich einen
       Strick drehen wolle, bezeichnet Alliot-Marie empört als "extravagant".
       
       4 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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