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       # taz.de -- Kommentar Räumung der Liebig 14: Verdrängte Freiräume
       
       > Rammböcke auf der einen, fliegende Flaschen und reichlich Wut auf der
       > anderen Seite. Es wäre eigentlich ein altbekannter Konflikt: Staat gegen
       > Chaoten. Aber so einfach ist es nicht.
       
   IMG Bild: Es war eine Liebesgeschichte. Demonstranten am Mittwoch in Berlin-Friedrichshain.
       
       Zweieinhalbtausend Polizisten kommen zum Einsatz, um in Berlin rund 25
       Bewohner eines Hauses vor die Tür zu setzen. Rammböcke und Wasserwerfer auf
       der einen, fliegende Flaschen und reichlich Wut auf der anderen Seite
       bebilderten einen altbekannten Konflikt. Staat gegen Chaoten. Ordnungsmacht
       gegen anarchistische Szene.
       
       Ach, wenn es nur so einfach wäre. Dann könnte man sich im Sessel
       zurücklehnen. Doch von der verbalen Zuspitzung profitieren nur die direkt
       Beteiligten. Linke Aktivisten können sich als widerspenstige Kraft
       imaginieren. Sicherheitsfanatiker von Polizei und Politik dürfen die Gefahr
       eines subversiven Gegners ventilieren, gegen den man sich verteidigen muss.
       Und Immobilienbesitzer können sich als Opfer inszenieren, die sich gegen
       den Diebstahl ihrer Häuser wehren.
       
       Die Räumung gewinnt Bedeutung für alle, die nicht im eigenen Heim wohnen.
       Die Zentren vieler Großstädte sind längst wieder zu begehrten Wohngebieten
       geworden. Das Schlagwort von der Gentrifizierung macht die Runde. Zwar ist
       die Aufwertung bestimmter Stadtteile an sich erst mal nichts Schlimmes.
       
       Allerdings gibt es kaum wirksame Steuerungsinstrumente für diesen Prozess.
       Die Politik leugnet entweder das Problem oder zeigt sich weitgehend
       ideenlos. Und selbst ein Mietvertrag, das zeigt nicht nur der Konflikt um
       die Liebigstraße, bietet keinen Schutz für die Bewohner.
       
       Vor 20 Jahren waren die Altbauviertel in Ost-Berlin im Wortsinne ein
       Freiraum. Sie wurden besetzt, von zumeist jungen Menschen mit der Idee
       gefüllt, dort alternative Wohnformen auszutesten. Jetzt hat die Polizei in
       der Liebigstraße wieder einen Freiraum geschaffen. Doch steht außer Frage,
       dass für Ideen jenseits des Mainstreams dort kein Platz mehr sein wird.
       
       2 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gereon Asmuth
       
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