# taz.de -- Bericht und Video-Reportage: Das Märchen vom Elektroauto
> Keiner verkauft so viele strombetriebene Autos wie Karl Nestmeier aus
> Franken. Doch bald wird ihn VW überholen – leider auch beim Verbrauch.
> Wie mit viel PS viel PR gemacht wird.
IMG Bild: Ran an die Steckdose und los geht`s.
Das Gute ist, dass Karl Nestmeiers Firma jetzt beschleunigt wie ein
Porsche. Wenn alles weiter so läuft, wird auch 2011 wieder ein noch viel
besseres Jahr werden als alle davor.
Das nicht ganz so Gute daran ist, dass das alles wahrscheinlich nichts
bringen wird, weltrettungsmäßig.
Karl Nestmeier stellt Elektrowagen her, in dem kleinen Dorf Baldersheim,
zwischen fränkischen Rübenäckern. Von seinem Modell City EL, einem
Elektroeinsitzer mit drei Rädern, hat er nach eigenen Angaben seit Anfang
der Neunziger 3.500 auf deutsche Straßen gebracht. Damit ist Karl Nestmeier
der größte Elektrofahrzeughersteller Deutschlands. Und auch wenn es auf den
ersten Blick so aussehen könnte, als habe er dieselben Ziele wie die
Bundesregierung, die mit ihrer Nationalen Plattform Elektromobilität bis
2020 eine Million solcher Fahrzeuge in Deutschland sehen will: Der Eindruck
täuscht.
Als die Bundesregierung zum Elektroautogipfel nach Berlin lud, war Karl
Nestmeier nicht dabei. Er zählt nicht als Autoproduzent. Die City ELs sind
dafür zu klein und zu leicht. Statt Nestmeier waren der Verkehrsminister
und der VW-Chef da: Sie präsentierten einen E-Golf.
Volkswagen will bis 2018 der größte Autokonzern der Welt werden. Was die
Elektroautos anbelangt ist VW äußerst spät dran. 2011 werden die ersten
Serienfahrzeuge auf den deutschen Markt kommen. Der iMiev von Mitsubishi
wird derzeit an die Händler ausgeliefert. Nissan plant, seinen Leaf im
Herbst in Deutschland ausliefern. Auf der Auto Show, der Branchenmesse, die
gerade in Detroit läuft, ist das Unternehmen dafür mit einem Umweltpreis
ausgezeichnet worden.
Die deutschen Konzerne sind alles andere als Elektropioniere. BMW liefert
2011 für ein Pilotprojekt 70 e-minis aus. Wann es den mini in Serie gibt,
ist noch nicht klar. Dafür will das Unternehmen 2011 aber einen
elektrifizierten 1er-BMW serienmäßig auf den Markt bringen. Daimler wird
seinen e-smart erst 2012 in die Autohäuser stellen. Gerade werden 365 davon
an Testkunden ausgeliefert. Den E-Golf soll es 2013 zu kaufen geben.
„Ein E-Golf ist physikalischer und ökologischer Blödsinn“, sagt Karl
Nestmeier.
Die größte Schwierigkeit bei der Entwicklung von Elektroautos sind die
Batterien. Sie halten zurzeit selten viel länger als 100 Kilometer und vor
allem sind sie extrem teuer. Je mehr ein Auto wiegt, desto mehr Masse
müssen die Batterien bewegen, desto klobiger und massiver werden die
Energiespeicher. Man muss die Wagen leicht machen, um die Batterien klein
zu halten, dann kosten sie weniger. Ein gewöhnlicher Golf wiegt gut 1.000
Kilo, ein E-Golf schon 1.545 Kilogramm. Karl Nestmeiers City EL wiegt 230
Kilo. Mit Batterien. Er ist zu leicht für die Pkw-Statistik.
Es wurmt Nestmeier, dass die Konzerne behaupten, sie würden an
umweltfreundlichen Wagen arbeiten. Versuchen zufolge verbrauchen iMiev oder
smart e-drive mehr als 20 Kilowattstunden Strom auf 100 Kilometer. Diesen
Strom herzustellen, verursacht pro Kilometer etwa so viel Kohlenstoffdioxid
wie ein Verbrennungsmotor ausstößt: 100 Gramm CO2. Das ist nicht besonders
umweltfreundlich. Karl Nestmeiers City ELs brauchen vier bis fünf
Kilowattstunden Strom. 25 Gramm Kohlenstoffdioxid. Viel weniger. Das Thema
für Karl Nestmeier ist es zurzeit, solche Zusammenhänge bekannter zu
machen.
Wie Nestmeier sich im fränkischen Baldersheim darum bemüht, seinen City EL
bekannter zu machen, wie die Konkurrenz von VW in Wolfsburg ganz andere
Strategien verfolgt und warum beide am Ende den Kunden als gemeinsamen
Gegner haben könnten, lesen Sie in der Ganzen Geschichte in der aktuellen
sonntaz.
14 Jan 2011
## AUTOREN
DIR J. Gernert
DIR M. Schach
## ARTIKEL ZUM THEMA