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       # taz.de -- Deutsche Häfen: Autoimport out, Windkraft in
       
       > Strukturwandel in Hamburg, Bremen, Sylt: Statt neue Containerterminals zu
       > bauen, schaffen die Hafenmanager Platz für den Bau von Windrädern.
       
   IMG Bild: Container-Terminal in Hamburg.
       
       HAMBURG taz | Klaus Heitmann ist in Festtagslaune: "Der Umschlag in den
       deutschen Seehäfen zieht schneller wieder an als erwartet", sagt der
       Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe
       (ZDS). Neun Prozent mehr Güter sollen in diesem Jahr in den Häfen an Nord-
       und Ostsee umgesetzt worden sein. Die Seehäfen glauben an Wachstum - und
       bieten Flächen für Offshore-Windparks an. Diese sollen die
       überdimensionierten Containerterminals ablösen.
       
       Das Flaggschiff der Branche, der Hamburger Hafen, rechnet am Ende des
       Jahres sogar mit einem zweistelligen Plus beim Containerumschlag, und 2011
       soll es weitergehen. Auch Bremen und die Seehäfen in Mecklenburg-Vorpommern
       freuen sich wieder über rasant steigende Umschlagzahlen. "Die Talsohle ist
       durchschritten", versichert Volker Schlotmann, Verkehrsminister in
       Schwerin. Damit ist das Vorkrisen-Niveau allerdings noch längst nicht
       erreicht: Mit einem Seegüterumschlag von 284 Millionen Tonnen sind 2010
       bundesweit erst rund 40 Prozent des Umsatzeinbruchs im Krisenjahr 2009
       wieder aufgeholt.
       
       Montage und Transport 
       
       So ganz trauen die Hafenmanager denn auch dem jüngsten Rohstoff- und
       Containerboom nicht. Daher halten sie Ausschau nach neuen Geschäftsfeldern.
       Eine Idee ist die vermehrte Ansiedlung von Industrie, und das größte
       Potenzial dabei verspricht die Windenergie. Beflügelt von politischen
       Vorgaben sollen sich in naher Zukunft Tausende Windräder im Meer drehen.
       Der Baukonzern Hochtief, der selber Offshore-Windparks errichten will,
       erwartet, dass ab 2012 vor Europas Küsten jährlich 800 Offshore-Anlagen
       installiert werden. Doch bevor der maritime Ökostrom fließen kann, braucht
       es zunächst riesige Hafenflächen - für Montage, Wartung und Transport der
       Windräder.
       
       Bremens Häfenchef Detthold Aden spricht gleich von einem "Strukturwandel":
       Autoimport und Container seien out, Offshore-Kraftwerke in. Schon in drei,
       vier Jahren soll das Windgeschäft 100 Millionen Euro zum Hafenumsatz von
       rund einer Milliarde beitragen. Auch im benachbarten Cuxhaven an der
       Elbmündung und in Brunsbüttel auf der anderen Stromseite setzt man auf
       Windkraft.
       
       Selbst Schleswig-Holsteins Minihäfen wie die auf Sylt und Helgoland wollen
       ausbauen, um Aufträge für die Wartung von Windparks einzuheimsen. Und
       Global Player Hamburg erwägt den Umbau seines Hafenherzes Steinwerder zu
       einem windigen Industriegebiet. So hat die Rhenus-Gruppe beste Chancen, das
       125 Hektar große und bislang von kleinen Hafenfirmen genutzte Areal für die
       Montage von Windenergieanlagen nutzen zu können.
       
       Im Osten sollen ebenfalls Windparks für volle Kais sorgen. Der Kranbauer
       Liebherr errichtet in Rostock für 163,5 Millionen Euro eine 500 Meter lange
       Halle für Offshore-Anlagen, und in Sassnitz auf Rügen wurde kürzlich ein
       205 Meter langer Kai eröffnet. Erwartete Nutzung: Umschlag von Anlagenteile
       für die Offshore-Branche. Neun Millionen Euro flossen aus Bundes-, Landes-
       und EU-Mitteln dafür auf die Insel.
       
       "Gefährliche" Strategie 
       
       Gut angelegte Subventionen, meint der Seehafenverband ZDS. "Der Kuchen ist
       groß genug", versichert ein Verbandsexperte. Ängste vor Überkapazitäten
       seien unbegründet. Nicht allein davor warnt dagegen
       Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel. "Die Häfen setzen wieder auf
       Boom, statt mittelfristig eine Kapazitätsanpassung vorzunehmen." Obendrein
       kämen mit dem Tiefseehafen in Wilhelmshaven bald zusätzliche
       Großkapazitäten hinzu.
       
       Auch Orestis Schinas, Professor für Logistik an der privaten Hamburg School
       of Business Administration, hält eine zu starke Ausrichtung auf
       Offshore-Anlagen für "gefährlich". Es stelle sich die Frage, was nach fünf
       oder zehn Jahren geschieht, wenn die meisten Windparks im Meer fertig sein
       sollen. Häfen droht dann eine neue Flaute.
       
       30 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hermannus Pfeiffer
       
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