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       # taz.de -- Lückenschluss an der ehemaligen Grenze: Der Mauerweg läuft rund
       
       > Die letzte Lücke im Mauerradweg kann 2014 geschlossen werden. Statt
       > Brandenburg zahlt nun Berlin für einen Tunnel. Michael Cramer (Grüne)
       > wirft Rot-Rot in Potsdam vor, Gedenken an Maueropfer zu blockieren.
       
   IMG Bild: Touristen können bald einmal dem Mauerweg entlang der ehemaligen Grenze folgen - statt immer nur an der Eastside Gallery herumzustehen.
       
       Michael Cramer hat sein Weihnachtsgeschenk bekommen - aber erst nach
       Heiligabend. Nach den Feiertagen teilte die Verwaltung von
       Wirtschaftssenator Harald Wolf (Die Linke) mit, dass sie die Finanzierung
       des letzten Lückenschlusses beim Mauerradweg übernehme. Die Kosten von rund
       1 Million Euro sollen aus Fördermitteln bestritten werden. Zuvor hatten
       sich Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und
       Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Die Linke) geweigert, für die Kosten
       aufzukommen. Cramer, grüner Europaabgeordneter und Initiator des Mauerwegs,
       hatte der Brandenburger Landesregierung deshalb vorgeworfen, kein Interesse
       am Gedenken an die Opfer der Mauer zu haben.
       
       Gegenstand des Länderstreits ist die Untertunnelung der Bahnstrecke
       zwischen Lichtenrade und Mahlow. Ohne diese Unterführung müssen Radfahrer
       und Wanderer bislang einen knapp zwei Kilometer langen Umweg über holprige
       Straßen in Lichtenrade in Kauf nehmen. Da die Planfeststellung für den
       Ausbau der Bahnstrecke - die so genannte Dresdner Bahn - Ende des Jahres
       endet, musste ein Bauantrag auf Untertunnelung noch im Dezember eingereicht
       werden. Das Geschenk für Michael Cramer kam also grade rechtzeitig. Der
       Baubeginn für den neuen Tunnel soll aber erst 2014 oder 2015 erfolgen.
       
       Der Streit um das Mauergedenken entlang der rund 160 Kilometer langen
       Strecke wird mit dem Lückenschluss allerdings noch nicht beendet sein.
       Zuletzt hatte Cramer der Brandenburger Landesregierung vorgeworfen, die
       Erinnerung "zu blockieren" und "das Vergessen zu fördern". Der Grund: Ohne
       den Lückenschluss hätte der Mauerweg zwei Gedenkstelen links liegen lassen,
       die an die Maueropfer Eduard Wroblewski und Herbert Kiepler erinnern. "Da
       bleibt sich Brandenburg in Sachen Nichtaufarbeitung treu", sagte Cramer der
       taz.
       
       Gute Noten verteilte der Grüne hingegen an Rot-Rot in Berlin. Dort soll im
       kommenden Jahr anlässlich des 50sten Jahrestages des Mauerbaus die - für
       Radfahrer ungünstige - Kopfsteinpflasterung für den Mauerweg in der
       Niederkirchnerstraße beseitigt werden.
       
       Matthias Platzeck wies die Kritik aus Berlin allerdings zurück. In einem
       Schreiben an Cramer verwies der Ministerpräsident auf die schwierige
       Haushaltslage hin. "Jedes neue Projekt, und dazu zählt auch der von Ihnen
       gewünschte Lückenschluss, kann letztlich nur zu Lasten einer anderen
       Maßnahme verwirklicht werden." Ähnlich argumentierte auch
       Wirtschaftsminister Christoffers. Cramer wiederum konterte, dass der
       Mauerradweg bei der Landesregierung in Potsdam noch "nach dem Gurkenradweg"
       rangiere.
       
       Allerdings teilt nicht jeder die Kritik des grünen Europaabgeordneten an
       der Geschichtspolitik in Brandenburg. Cramers Parteifreund Axel Vogel sagte
       der taz, er könne zwar verstehen, wenn Cramer andere Prioritäten bevorzugt
       hätte. "Mit fehlendem Willen zur Aufarbeitung hat das aber nichts zu tun",
       meinte der Fraktionschef der Grünen im Potsdamer Landtag.
       
       Wie es weitergeht, soll nun im Januar auf einem Vororttermin erläutert
       werden. Die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow hat bereits zugesichert, 100.000
       Euro für den Bau des Tunnels beisteuern zu wollen. Das wären dann die
       ersten Euros aus Brandenburg. Bislang nämlich hat den Mauerradweg Berlin
       alleine finanziert - und das, obwohl ein Großteil der 160 Kilometer auf
       Brandenburger Gebiet verläuft.
       
       28 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
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