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       # taz.de -- Streit um Opfer-Entschädigung: Vorstand der Odenwaldschule wirft hin
       
       > Zwei Vorstände der Odenwaldschule geben ihre Ämter auf. Sie hatten für
       > eine zügige Entschädigung der Missbrauchsopfer plädiert. Damit wurden sie
       > aus eigener Sicht zu "Buhmännern".
       
   IMG Bild: "Es ging nur noch um den Streit mit uns": Deswegen ziehen sich Michael Frenzel (l.) Johannes von Dohnanyi aus der Führungsspitze zurück.
       
       HEPPENHEIM dapd/dpa | Die von einem Missbrauchsskandal erschütterte
       Odenwaldschule steht schon wieder ohne Führungsspitze da. Im Streit um eine
       schnelle Entschädigung der inzwischen 125 Opfer haben die für einen
       rigorosen Neuanfang stehenden Vorstände Johannes von Dohnanyi und Michael
       Frenzel am Sonntag in einer Sitzung überraschend aufgegeben. "Wir waren für
       den Trägerverein nur noch die Buhmänner", sagte von Dohnanyi.
       
       Der siebenköpfige Vorstand war am Sonntag in Heppenheim zusammengekommen,
       um über eine mögliche Entschädigung der Missbrauchsopfer an dem
       Elite-Internat zu beraten. Nach einer kurzen Vorbesprechung verlasen
       Frenzel und von Dohnanyi ihre Rücktrittserklärung und verließen die
       Vorstandssitzung.
       
       Der neue Vorstand war erst vor einem halben Jahr gewählt worden, nachdem
       der alte Vorstand wegen des Skandals unter Druck geraten und zurückgetreten
       war. "Wir sind angetreten, um im Missbrauchsskandal eine möglichst positive
       und harmonische Lösung mit den Betroffenen zu finden", sagte von Dohnanyi.
       Demnach sollte dem von Missbrauchsopfern gegründeten Verein "Glasbrechen"
       noch in diesem Jahr eine sechsstellige Summe bereitgestellt werden.
       
       Doch Frenzel und von Dohnanyi vermissten den Rückhalt des Trägervereins der
       Odenwaldschule. "Der Ton und Stil zwischen Teilen des Trägervereins und dem
       Vorstand war völlig inakzeptabel", sagte von Dohnanyi. Er und Frenzel seien
       für Teile des Trägervereins "polarisierende Figuren" gewesen. "Es ging
       nicht mehr um die Sache, sondern nur noch um Streit mit uns", beklagte von
       Dohnanyi.
       
       Nach von Dohnanyis Angaben hat sich in den vergangenen Wochen innerhalb der
       Schulleitung und des Trägervereins eine Gruppe gebildet, die eine schnelle
       Anerkennung des Missbrauchs wegen der angespannten Finanzlage der Schule
       ablehne.
       
       Der zurückgetretene Vorstandssprecher ließ durchblicken, dass seiner
       Entscheidung noch weitere Vorstandsmitglieder folgen könnten: "Wenn die
       Schule in Sachen Entschädigung keine Lösung findet, könnte sich der
       Vorstand komplett auflösen."
       
       Der von ehemaligen Schülern gegründete Opferverein "Glasbrechen" hatte die
       angekündigten Entschädigungszahlungen in Höhe von rund 100.000 Euro im
       September als symbolischen Beitrag akzeptiert, da sie auch ein
       Schuldeingeständnis der Schule seien.
       
       Die Zahl der Missbrauchsopfer hat sich auf 125 erhöht. Bisher war von über
       50 Betroffenen in den Jahren von 1966 bis 1991 ausgegangen worden. Die
       Staatsanwaltschaft ermittelte gegen etwa ein Dutzend Lehrer, tellte
       allerdings sämtliche Verfahren ein, weil die mutmaßlichen Taten verjährt
       sind.
       
       28 Nov 2010
       
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