# taz.de -- Exerzbischof protestiert gegen Absetzung: Aufstand der Mönche in Serbien
> Aus Protest gegen seine Absetzung besetzt der Exerzbischof von Kosovo,
> Artemije, mit seinen Anhängern ein Kloster. Das könnte eine Spaltung der
> Kirche bedeuten.
IMG Bild: Da war er noch in Amt und Würden: Der Exerzbischof von Kosovo, Artemije, in feinem Gewand.
BELGRAD taz | Kommt es zur Spaltung der serbisch-orthodoxen Kirche? Werden
Gläubige dem Aufruf des ehemaligen Erzbischofs von Kosovo, Artemije, 75,
folgen, die Autorität der Heiligen Synode nicht länger anzuerkennen? Welche
Folgen wird der Putschversuch abtrünniger Mönche für die instabile
politische Lage in Serbien haben?
Die Fragen überschlugen sich vergangene Woche, als im Kosovo etwas für
gläubige Serben Unvorstellbares geschah: Der in den Ruhestand
zwangsversetzte und zum einfachen Mönch degradierte Artemije besetzte mit
seiner Gefolgschaft das Kloster "Duboki potok" (Der tiefe Fluss) im Norden
des Kosovo.
Das Gleiche taten - oder versuchten es zumindest - die Artemije-treuen
Hajduken-Mönche, wie sie sich selbst nennen, in einigen anderen Klöstern.
Sie warfen der Heiligen Synode und der Kirchenversammlung vor, das
kanonische Recht verletzt zu haben, und stellten sich als wahre Deuter des
Kanons dar.
Im Klartext: Artemije weigerte sich beharrlich, sich der Entscheidung der
Kirchenspitze zu beugen. Die hatte ihn zu Jahresbeginn nach 19 Jahren als
Chef der Kosovo-Diözese abgelöst. Das würde, wie er sagte, den Untergang
des heiligen serbisch-orthodoxen Erbes der ruhmreichen Vorfahren des
Serbentums im Kosovo bedeuten. In der vergangenen Woche stimmte die
Kirchenversammlung über die Degradierung Artemijes zum Mönch ab. 21 der
hohen Diener Gottes waren für die Degradierung, 6 dagegen und 7 enthielten
sich der Stimme.
Der neue Chef der Kosovo-Diözese, Teodosije, bezeichnete das Vorgehen von
Artemije als "Putschversuch". Patriarch Irinej handelte überraschend
entschlossen und schnell. So peinlich das für die serbisch-orthodoxe
Kirche, die das Kosovo als einen untrennbaren Teil Serbiens betrachtet,
auch sein mochte: die Synode wandte sich an die EU-Mission Eulex mit der
Bitte um Hilfe. Diese schaltete die Polizei des unabhängigen Kosovo ein.
Das war ein Präzedenzfall. Da sich das Kloster "Duboki potok" im vorwiegend
von Serben bewohnten Norden des Kosovo befindet, wurden serbische Beamte
der Kosovo-Polizei eingesetzt. Die Klosterbrüder leisteten keinen
Widerstand. Nur die Tür der Kammer, in der sich Artemije eingeschlossen
hatte, musste mit Gewalt geöffnet werden. Das geschah mit dem Segen des
legitimen Klosterchefs, der bis zum Eintreffen der Polizei gefangen
genommen wurde.
Die Kosovo-Polizei begleitete Artemije und seine Gefolgschaft bis zur
Grenze mit Serbien, wo sie die serbische Polizei übernahm. Artemije
befindet sich derzeit in seinem Haus in Belgrad und wird von der Polizei
bewacht. 80 Artemije-treue Mönche ziehen durch Serbien und werben für ihren
Mentor. Kenner der serbisch-orthodoxen Kirche meinen, dass das Kapitel
Artemije noch nicht abgeschlossen ist, auch wenn die unmittelbare Gefahr
eines Schismas abgewendet wurde.
Der eigensinnige, charismatische Artemije, den viele Gläubige verehren, und
der auch schon die Regierung in Belgrad angesichts der Loslösung des Kosovo
aufforderte, sich mit modernsten russischen Waffen aufzurüsten, wird sich
kaum dem Willen der Kirchenspitze beugen. Das tat er schon seit Jahren
nicht. Ihm droht nun eine Klage wegen Verletzung des Kirchenguts und die
Exkommunikation. Einige seiner engsten Mitarbeiter wurden schon zuvor wegen
Veruntreuung angeklagt.
25 Nov 2010
## AUTOREN
DIR Andrej Ivanji
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