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       # taz.de -- Finanzielle Hilfe für Irland: Bundesregierung rettet Banken
       
       > Weil Berlin Dublin unter den Rettungsschirm drängt, hat die Deutsche Bank
       > ein Problem weniger. Denn die deutschen Institute hängen mit Milliarden
       > in der Pleite-Insel.
       
   IMG Bild: Bereuen müssen die deutschen Banken ihr Engagement in Irland vorerst nicht. Dem Rettungsschirm sei Dank.
       
       BERLIN taz | Die irische Regierung akzeptiert die aktuelle Finanzhilfe nur
       unter massivem Druck. Der kommt nicht zuletzt aus Berlin. Denn die
       Bundesregierung macht sich erhebliche Sorgen um die Zukunft derjenigen
       deutschen Banken, die irischen Finanzinstituten und dem dortigen Staat
       Milliarden Euro geliehen haben.
       
       Würde sich die Regierung in Dublin nicht unter den
       750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm ducken, drohte auch deutschen Banken der
       Teil- oder Komplettverlust ihrer Forderungen an Irland. Weil Dublin nun
       aber einen Hilfsantrag stellen will, ist diese Gefahr vorerst gebannt.
       Deutsche-Bank-Vorstand Josef Ackermann, Martin Blessing von der Commerzbank
       und ihre Kollegen, aber auch die Bundesregierung haben ein Problem weniger.
       
       138,6 Milliarden Dollar, rund 101 Milliarden Euro, haben deutsche
       Finanzinstitute irischen Schuldnern geliehen. Diese Angabe stammt von der
       Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel, die
       grenzüberschreitende Geschäfte überwacht. Ein Teil der deutschen
       Forderungen ist an Banken gerichtet, die in Irland ansässig sind. Nach dem
       britischen Finanzsektor, der Irland 148,5 Milliarden Dollar geliehen hat,
       stehen deutsche Banken damit an zweiter Stelle. Auf der dritten Position
       folgen die USA mit 68,7 Milliarden Dollar.
       
       Die deutschen Banken investierten so viel Geld in Irland, weil das
       Wirtschaftsmodell der Insel bis vor Kurzem als solide und erfolgreich galt.
       Unter anderem wegen der geringen Steuerbelastung siedelten zahlreiche
       Industrie- und Dienstleistungsunternehmen ihre Europazentralen in Dublin
       an, was dem Land einen langjährigen Wirtschaftsaufschwung und vielen Iren
       neuen Wohlstand brachte. Daran wollten auch deutsche Institute
       partizipieren.
       
       Jetzt aber sind in Irland unter anderem die Anglo Irish Bank und die Allied
       Irish Bank bedroht. Allein diese beiden Institute verbuchen wegen des
       Verfalls der Immobilienpreise Verluste in Höhe von etwa 40 Milliarden Euro.
       Deshalb droht ihnen die Pleite - und den deutschen Gläubigern der Verlust
       ihres verliehenen Geldes.
       
       Zunächst wurde die Gefahr dadurch gebannt, dass die irische Regierung ihren
       Banken die notwendigen Mittel zur Verfügung stellte. In den vergangenen
       Wochen stand aber zunehmend auch die Finanzkraft des Staates selbst
       infrage, denn die internationalen Investoren trieben die Zinsen, also die
       Kosten der Staatsverschuldung, in die Höhe. Diesen Teufelskreis unterbricht
       nun der irische Antrag an den Eurorettungsschirm - auch zugunsten der
       deutschen Institute.
       
       Dass die Regierung in Dublin die Eurofinanzhilfe annimmt, schützt auch die
       Investitionen, die deutsche Institute in irischen Staatsanleihen und
       Wertpapieren der Zentralbank getätigt haben. An der Spitze steht hier die
       mittlerweile bundeseigene Münchner Bank Hypo Real Estate. Sie hat irische
       Staatspapiere im Wert von rund 10 Milliarden Euro in den Büchern. Mit
       weitem Abstand folgen die Landesbank Baden-Württemberg mit 400 Millionen
       und die DZ Bank mit 300 Millionen. Ein Staatsbankrott Irlands würde diese
       Papiere teilweise oder ganz entwerten und den deutschen Instituten
       entsprechende Verluste bringen.
       
       Diese bedeuteten einerseits Probleme für die Banken selbst. So würde
       beispielsweise ihre Finanzkraft für neue Geschäfte abnehmen. Auch deutsche
       Industrieunternehmen bekämen schlechter Kredit. In letzter Konsequenz
       könnten aber auch weitere Fälle wie bei Hypo Real Estate und Commerzbank
       drohen. An diesen hat sich während der Finanzkrise der deutsche
       Bankenrettungsfonds Soffin beteiligt, um ihre Pleite zu verhindern. Hinter
       dem Soffin stehen letztlich die Bundesregierung und die deutschen
       Steuerzahler. Ein bisschen sind die Probleme der irischen Banken damit
       unser aller Problem.
       
       22 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
       ## TAGS
       
   DIR Irland
       
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