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       # taz.de -- EU springt für Schulden ein: Irland flüchtet untern Rettungsschirm
       
       > Irlands Regierung hat sich entschlossen, Hilfe aus dem EU-Rettungsfonds
       > zu erbitten. Die EU stimmt grundsätzlich zu – es geht um 80 bis 90
       > Milliarden Euro.
       
   IMG Bild: Nicht alles Gold, was glänzt ...
       
       BRÜSSEL/DUBLIN afp | Nach tagelangem Zögern hat sich Irland doch unter den
       Euro-Rettungsschirm geflüchtet. Die Regierung in Dublin beantragte am
       Sonntagabend Hilfen aus dem Rettungsfonds, die EU-Finanzminister stimmten
       grundsätzlich zu. Während der Euro am Montag an den asiatischen
       Finanzmärkten zulegte, schlug der irischen Regierung bei spontanen
       Demonstrationen die Wut der Bürger entgegen.
       
       Der irische Premierminister Brian Cowen verkündete das Hilfegesuch nach
       einer Krisensitzung des Kabinetts. Im Gegenzug für die finanzielle Hilfe
       werde mit der EU-Kommission und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ein
       "starkes" Sparprogramm ausgehandelt, sagte Cowen. Nach Angaben von
       EU-Diplomaten soll sich der Umfang des Rettungspakets auf 80 bis 90
       Milliarden Euro belaufen. Der irische Finanzminister Brian Lenihan sagte,
       dass die genaue Summe erst nach Ende der Verhandlungen in "mehreren Wochen"
       feststehen werde.
       
       Die EU-Finanzminister gaben noch am Sonntagabend in einer Telefonkonferenz
       grünes Licht und begründeten die geplante Unterstützung Irlands mit dem
       Schutz ganz Europas. Der Schritt sei zur Sicherung "der finanziellen
       Stabilität in der EU und der Eurozone" gerechtfertigt, hieß es in einer
       Erklärung. Nach Angaben von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)
       sollen die Hilfen an "strenge Auflagen" gekoppelt werden.
       
       Laut Diplomaten sieht der Rettungsplan Hilfen der Euro-Staaten, des IWF und
       aus dem EU-Haushalt vor. Dies soll noch um bilaterale Kredite
       Großbritanniens und Schwedens ergänzt werden, die nicht Mitglied der
       Eurozone sind. Auch die USA und Kanada seien über die Gruppe der
       wichtigsten Industrieländer (G-7) in die Entscheidung eingebunden gewesen.
       Der Rettungsschirm in Höhe von insgesamt 750 Milliarden Euro war im
       Frühjahr als Konsequenz aus der Schuldenkrise in Griechenland geschaffen
       worden.
       
       An den asiatischen Börsen legte der Euro am Montag zu, in Tokio stieg der
       Kurs der Gemeinschaftswährung auf über 1,37 Dollar. Der IWF und die
       Europäische Zentralbank begrüßten die Einigung auf das Rettungspaket.
       IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn teilte in Washington mit, der Währungsfonds
       stehe bereit, um sich an den Hilfen zu beteiligen. Die EZB erklärte, der
       Schritt sei "gerechtfertigt", um die finanzielle Stabilität in der EU zu
       garantieren.
       
       In Irland machte sich dagegen Wut über das Krisenmanagement der Regierung
       breit, Demonstranten versammelten sich vor den Regierungsgebäuden in
       Dublin. Ein Mann wurde verletzt, als er bei einem Unfall von einer
       Minister-Limousine angefahren wurde. In den Schlagzeilen der irischen
       Zeitungen spiegelte sich am Montag der Ärger wider. Die Kehrtwende der
       Regierung, die zunächst beteuert hatte, keine Hilfen zu benötigen, wurde
       als "Demütigung" aufgefasst.
       
       Irland kämpft mit massiven Haushaltsproblemen, weil die Regierung den durch
       die Finanzkrise angeschlagenen Banken des Landes mit Milliardenhilfen zur
       Seite gesprungen ist. Mit 32 Prozent liegt das irische Haushaltsdefizit
       derzeit zehn Mal so hoch wie in der EU erlaubt. Dublin plant ein Sparpaket,
       das über vier Jahre Einsparungen in Höhe von 15 Milliarden Euro bringen
       soll.
       
       Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sieht durch die
       Irland-Krise den Wirtschaftsaufschwung in Deutschland unterdessen nicht in
       Gefahr. "Sollten Hilfen für Irland fließen, werden diese den Aufschwung in
       Deutschland nicht gefährden", sagte Brüderle der Bild-Zeitung. Der Minister
       rief Dublin zu Reformen auf, um seine Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu
       machen.
       
       22 Nov 2010
       
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