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       # taz.de -- Kommentar Drohne über Castor-Transpor: Das fliegende Auge
       
       > Die Polizei hat aufgerüstet. Vermutlich werden Drohnen bald zum Alltag
       > bei Kundgebungen gehören. Aber wie viel Kontrolle müssen Bürger bei der
       > Ausübung ihrer Grundrechte dulden?
       
       Es hat schon etwas von Science-Fiction: Hoch über den Köpfen von
       Demonstranten fliegt ein unbemannter Flugkörper, eine Drohne, und überträgt
       Bilder ins Polizeilagezentrum. Doch bei den jüngsten Castortransporten im
       Wendland war dies bereits Praxis - ohne Ankündigung und ohne Kennzeichnung.
       Angeblich wusste nicht einmal der Einsatzleiter Bescheid.
       
       Die Polizei wiegelt nun ab. Es seien aus der Luft lediglich die
       Absperrgitter kontrolliert worden. Das Innenministerium sprach lange Zeit
       sogar nur von Testflügen. Das passt aber durchaus zusammen. Wahrscheinlich
       war das Fotografieren der Polizeiabsperrungen nur ein Test der Technik
       unter Einsatzbedingungen. Vermutlich werden Drohnen bald zum Alltag bei
       unübersichtlichen Großkundgebungen gehören.
       
       Nun wissen aber auch die Demonstranten immerhin, dass die Polizei mal
       wieder aufgerüstet hat. Im neuen Hannoveraner Versammlungsgesetz wird zwar
       gefordert, dass auf Demos in der Regel offen gefilmt werden muss. Doch
       hilft dies auch nicht weiter, Vermummung ist ja bei Strafe verboten. Wer
       sich auf der Kundgebung nicht filmen lassen will, müsste also zu Hause
       bleiben.
       
       Das polizeiliche Filmen auf Demonstrationen hat offensichtlich einen
       Einschüchterungseffekt, der mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. Und
       die Menschen sorgen sich zu Recht. Gerade im Wendland wurden von der
       Polizei immer wieder präventive Dateien über Anti-Atomkraft-Aktivisten
       angelegt.
       
       Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Fall aus Bayern vorläufig
       entschieden, dass Kameras anlasslose Lagebilder nicht speichern dürfen. Der
       Vorschlag ist gut gemeint, aber weltfremd. Die Demonstrationsteilnehmer
       sehen der Kamera ja nicht an, ob sie Bilder speichert oder nicht. So kann
       eine Einschüchterung nicht vermieden werden. Kameraeinsätze müssen auf
       konkrete Gefahrenlagen beschränkt werden. Wer einfach nur demonstriert,
       muss sich nicht filmen lassen.
       
       Das Problem der Drohne ist also ein ganz allgemeines - jenseits der
       technischen Faszination. Wie viel Kontrolle müssen die Bürger bei der
       Ausübung ihrer Grundrechte dulden?
       
       Ermutigt der Staat zur Einmischung oder schreckt er eher ab? Ob dann eine
       Drohne über der Demo kreist oder der altbekannte Hubschrauber, ist
       Nebensache.
       
       17 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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