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       # taz.de -- Urteil in Frankreich: Kampf dem schwarzen Ölgeld
       
       > Die französische Justiz erlaubt Ermittlungen gegen drei
       > zentralafrikanische Präsidenten. Es geht um möglicherweise illegal
       > erworbene französische Besitztümer.
       
   IMG Bild: Zwei auf Augenhöhe: Nicolas Sarkozy (Frankreich) und Ali Bongo (Gabun). Bongos Familie hat nicht unerhebliche Besitztümer in Frankreich.
       
       PARIS taz | Die oberste Instanz der französischen Justiz hat einen
       Entscheid des Pariser Berufsgerichts kassiert, der eine Einstellung aller
       Verfahren wegen sogenannter Potentatengelder aus den zentralafrikanischen
       Ölstaaten Gabun, Kongo-Brazzaville und Äquatorialguinea angeordnet hatte.
       Ein französischer Untersuchungsrichter darf nun in einem
       Ermittlungsverfahren prüfen, ob die Herrscherfamilien Bongo (Gabun),
       Sassou-Nguesso (Kongo) und Obiang (Äquatorialguinea) ihre opulenten
       Besitztümer in Frankreich zu Recht oder zu Unrecht erworben haben.
       
       Das Kassationsgericht erklärt damit eine von Transparency International in
       Paris eingereichte Klage für zulässig. William Bourdon, Anwalt der
       Organisation, die sich dem Kampf gegen Korruption und Plünderung der
       ärmsten Staaten durch skrupellose Herrscher verschrieben hat, freut sich:
       "Für jene, die bisher unbehelligt den Reichtum ihrer Länder geplündert
       haben, bedeutet dies das Ende der Straflosigkeit."
       
       Da ein Untersuchungsrichter die Ermittlungen aufgrund der Klage bereits
       begonnen hatte, bevor er dann von der Staatsanwaltschaft und vom
       Berufungsgericht gestoppt wurde, liegt bereits eine lange Liste von
       verdächtigen Immobilien, Bankkonten und Luxuslimousinen vor.
       
       Die Angehörigen des 2009 verstorbenen Staatschefs von Gabun, Omar Bongo,
       besitzen demzufolge in Frankreich 39 Häuser und Wohnungen sowie 70
       Bankkonten; das Land wird mittlerweile von Omar Bongos Sohn Ali regiert.
       Von der Familie des Kongolesen Denis Sassou-Nguesso, der mit der
       Bongo-Familie verschwägert ist, sind 18 Immobilien und 112 Bankkonten
       bekannt. Der äquatorialguineische Präsident Teodoro Obiang Nguema hat mit
       einem Bankkonto und zahlreichen Luxusautos Verdacht auf sich gelenkt.
       
       Obiangs Anwalt Olivier Pardo erklärte, die neue Entscheidung bedeute
       keineswegs, dass die französische Justiz die Vorwürfe von Transparency
       International bestätige; im Fall seines Klienten liege ohnehin nichts vor.
       Unangenehm ist es hingegen für die französische Staatsführung, dass sich
       die Justiz nun doch mit der potenziell kriminellen Herkunft gewisser
       Guthaben von befreundeten afrikanischen Herrschern befasst. Man befürchtet
       in Paris diplomatische Verstimmungen und eine Verschlechterung der
       Beziehungen.
       
       Offen ist noch die Frage, inwieweit amtierende Staatschefs in Frankreich
       eine Immunität genießen. Deren Angehörige jedenfalls könnten strafrechtlich
       belangt werden, sofern sie nicht über diplomatische Pässe verfügen. Für
       andere Staaten, die sich auch mit der Frage von "unrechtmäßig erworbenem",
       ins Ausland transferiertem Eigentum oder "Potentatengeldern" befassen
       müssen, kann Frankreich nun einen Präzedenzfall liefern.
       
       10 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
   DIR Rudolf Balmer
       
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