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       # taz.de -- Prozess G8-Gipfel Heiligendamm: Wasserwerfer-Opfer will Entschädigung
       
       > Vor Gericht stellt sich nun die Frage, ob das Land Mecklenburg-Vorpommern
       > für das zertrümmerte Auge eines G8-Gegners Entschädigung zahlen muss.
       
   IMG Bild: Der Rettungssanitäter unmittelbar nach dem Wasserwerfereinsatz, der sein linkes Auge zertrümmerte.
       
       ROSTOCK taz | Drei Jahre nach einem folgenschweren Wasserwerfer-Einsatz am
       Rande des G-8-Gipfels in Heiligendamm hat sich das Rostocker Landgericht am
       Dienstag erstmals mit der Schmerzensgeld-Klage eines schwer verletzten
       Demonstranten befasst. Der Kläger fordert unter anderem 30.000 Euro
       Schmerzensgeld vom Land Mecklenburg-Vorpommern.
       
       Steffen B. war beim Protest gegen den G-8-Gipfel im Juni 2007 vom Strahl
       eines Wasserwerfers ins Gesicht getroffen worden, sein linkes Jochbein
       wurde zertrümmert, das Augenlid halb abgerissen. Der Heilpraktiker und
       gelernte Rettungssanitäter Steffen B. ist seither auf dem linken Auge fast
       blind. Einen Rettungswagen darf er nie mehr fahren, er lebt heute von Hartz
       IV.
       
       Der Fall zeigt, wie schwierig es sein kann, die Polizei für eine solche
       Verletzung zur Rechenschaft zu ziehen - Probleme, die womöglich auch den
       vier Demonstranten drohen, die unlängst bei einer Protestveranstaltung
       gegen Stuttgart 21 von Wasserwerfern schwer an den Augen verletzt wurden.
       
       Im Fall von Steffen B. fand ein Strafprozess gegen die Polizeibeamten, die
       den Wasserwerfer bedienten, erst gar nicht statt. Die Rostocker
       Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen wegen schwerer Körperverletzung
       2009 ein und wertete den Fall als "bedauerlichen Unfall". Eine Beschwerde
       gegen diese Entscheidung wies das Oberlandesgericht Rostock ebenfalls
       zurück.
       
       Ob und wann das Landgericht Steffen B. in dem Zivilprozess trotzdem noch
       eine Entschädigung zuspricht, ist offen. Der Vorsitzende Richter meldete
       gestern Zweifel an, ob Mecklenburg-Vorpommern überhaupt die juristische
       Verantwortung für den Fall trägt. Schließlich hätten Beamte aus
       Nordrhein-Westfalen damals den Wasserwerfer bedient. Nach Angaben des
       Richters bestreitet Mecklenburg-Vorpommern auch, dass Steffen B. überhaupt
       durch einen Wasserwerfer verletzt wurde. Eine Behauptung, die den Kläger
       "wütend, aber auch traurig" macht: "Das ist unglaublich, dass die
       versuchen, so billig davonzukommen", sagt er.
       
       Allerdings ist die Polizei verpflichtet, Wasserwerfer-Einsätze zu
       dokumentieren. Solches Beweismaterial hat Mecklenburg-Vorpommern bisher
       nicht vorgelegt. Der Anwalt der Landesregierung erklärte, dass die
       Dokumente in Nordrhein-Westfalen archiviert seien.
       
       9 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Astrid Geisler
       
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   DIR Schwerpunkt Stuttgart 21
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