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       # taz.de -- Interview zu Berliner Wasserverträgen: "Solche Verträge vorher veröffentlichen"
       
       > Dieter Hüsgen von Transparency International Deutschland fordert von
       > Regierungen die Offenlegung von langjährigen Verträgen. Das sei ein Gebot
       > der Demokratie.
       
   IMG Bild: Vorbildlich, wenn es um Transparenz geht: Tasse Wasser.
       
       taz: Herr Hüsgen, hat ein Unternehmer einen Anspruch darauf, dass seine
       Geschäftsunterlagen vertraulich bleiben? 
       
       Dieter Hüsgen: Die Frage ist immer, was höherrangig ist. Die Bürger haben
       einen hohen Anspruch, zu erfahren, warum die Wasserpreise gestiegen sind.
       Das wiegt schwerer als das Interesse der Wasserbetriebe und ihrer
       Eigentümer auf Vertraulichkeit. Zumal das Unternehmen ja durch mehr
       Transparenz auch nicht geschädigt wird - schließlich hat es ein Monopol auf
       die Wasserversorgung und muss keine Konkurrenz fürchten.
       
       Wo ist Ihrer Meinung nach die Grenze der Informationsfreiheit? Sie wollen
       ja wahrscheinlich nicht, dass wir in der Zeitung schreiben, wie hoch Ihr
       Einkommen ist. 
       
       Das muss man abwägen. Jeder sollte zum Beispiel erfahren können, wie eine
       Behörde das Pharmaprodukt überprüft hat, das bei ihm nicht gewirkt hat oder
       sogar geschadet hat. Oder denken Sie an die Menschen, die im Umfeld von
       Atomkraftwerken wohnen und wissen wollen, ob die Behörden auch ihren
       Prüfverpflichtungen nachkommen. Die Gesundheit und das Leben müssen
       vorgehen, das ist klar.
       
       Aber auch wenn der Steuerzahler finanziell betroffen ist, muss man die
       Information offenlegen. Die Bürger sollten auch sonst weitgehend erfahren
       können, was in einer Behörde vor sich geht, die ja in seinem Auftrag und
       mit seinem Geld tätig wird. Wenn es aber um persönliche Informationen geht
       und es kein besonderes öffentliches Interesse gibt, überwiegt der
       Persönlichkeitsschutz.
       
       Bei solchen Verträgen geht es immer um komplexe juristische Klauseln, die
       man so ohne Weiteres sicher nicht verstehen kann. Ist es nicht besser, die
       Bewertung den Fachleuten in den Ministerien zu überlassen? 
       
       In Behörden ist man an die Weisungen gebunden, die von der politischen
       Spitze kommen. Und es hat den Anschein, dass die politischen Absichten von
       Ministern und Senatoren nicht immer dem Allgemeinwohl entsprechen.
       
       Darum sollten zum Beispiel auch andere Juristen oder Journalisten
       draufschauen können. Und zwar nicht erst, nachdem ein Vertrag
       unterschrieben ist, der wie im Fall der Wasserbetriebe erst nach drei
       Jahrzehnten gekündigt werden kann. Meine Überzeugung ist: Solche Verträge
       müssen vorher veröffentlicht werden, damit die Öffentlichkeit darüber
       diskutieren kann. Das ist Demokratie.
       
       1 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Heiser
       
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