# taz.de -- Polizeiinterne Kritik an Provokateuren: Wie "scharfe Kampfhunde"
> Nach dem harten Vorgehen gegen Stuttgart 21-Gegner und vor dem
> Castor-Transport Anfang November erheben Polizisten schwere Vorwürfe
> gegen ihre Kollegen und die Politik.
IMG Bild: Wenn man die jungen Beamten der Beweis- und Fetnahmeeinheiten "von der Leine und räumen lässt, dann beißen sie ohne Erbarmen zu", so ein Polizeikommissar.
Nach dem umstrittenen Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner Ende
September melden sich nun auch kritische Stimmen aus Reihen der Polizei. So
zitiert das Hamburger Abendblatt am Montag einen Mannheimer
Polizeikommisar, der am Stuttgarter Einsatz beteiligt war und ihn nun
scharf kritisiert. Man habe in Stuttgart "ein Exempel statuiert, Macht
demonstriert, ganz sicher auch schon mit Blick auf den nächsten
Castor-Transport", so der 48-jährige Polizeikommissar Thomas Mohr.
Vor allem die schwarz und dunkelgrau gekleideten, zumeist jungen Beamten
der Beweis- und Festnahmeeinheiten, die beim Stuttgarter Einsatz von der
Bundespolizei und aus Bayern kamen, agierten wie "scharfe Kampfhunde". Wenn
man diese "von der Leine und räumen lässt, dann beißen sie ohne Erbarmen
zu", so Mohr. "Dafür wurden sie gedrillt und ausgebildet." Für den Einsatz
müsste es ein Okay gegeben haben, erklärt der Polizist. "Von ganz oben -
mindestens vom Innenministerium."
Die Stuttgarter Polizei weist die Vorwürfe Mohrs zurück. "Das ist die
Einzelmeinung eines Beamten", so ein Sprecher des Polizeipräsidiums
Stuttgart. Die Bundespolizei wollte die Aussagen auf taz-Anfrage nicht
kommentieren.
Doch nicht nur das Vorgehen der "schwarzen Einheiten" gegen
Stuttgart-21-Gegner steht in der Kritik. Ein weiter Einsatzpolizist, der
nicht mit seinem echten Namen genannt wird, bestätigte gegenüber dem
Abendblatt den gezielten Einsatz von Provokateuren. "Ich weiß, dass wir bei
brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische
Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten
schleusen", so der Polizist. "Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in
Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann."
Vertreter der Anti-Atom-Bewegung reagieren schockiert auf die Aussagen.
"Die Berichte von Polizei-Insidern sind ungeheuerlich", sagt Jochen Stay,
Sprecher der Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt". Es sei ein bodenloser
Skandal, wenn BKA und Innenminister fast täglich vor Krawallen rund um
Gorleben warnen und gleichzeitig innerhalb der Polizei genau diese
Ausschreitungen vorbereitet würden. Die Politik müsse aufhören, Probleme
mit Polizeigewalt zu lösen, und sicherstellen, dass auf Eskalation durch
die Polzei verzichtet werde.
18 Oct 2010
## AUTOREN
DIR Felix Dachsel
## TAGS
DIR Schwerpunkt Stuttgart 21
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