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       # taz.de -- Schlichtungsbemühungen in Stuttgart: Die Verhärtung bricht ein bisschen auf
       
       > Die Bahnhofsgegner zeigen sich in Sachen Baustopp zum Kompromiss bereit,
       > wenn sich die Deutsche Bahn ebenfalls bewegt. Eine Schlichtung soll nach
       > ihrem Willen öffentlich stattfinden.
       
   IMG Bild: Der Bahnhof aus der Luft. Links im Bild der Südflügel des Gebäudes und der Schlossgarten. Rechts vom Parkplatz befindet sich die Fläche, auf der die ersten 23 Bäume gerodet wurden.
       
       STUTTGART afp/dapd | In das Ringen um eine Schlichtung beim umstrittenen
       Bahnprojekt "Stuttgart 21" ist am Donnerstag Bewegung gekommen: Schlichter
       Heiner Geißler wollte sich am Donnerstag nachmittag erneut mit den Gegnern
       des Bahnhofumbaus treffen, um Vermittlungsgespräche ab Freitag möglich zu
       machen, wie mehrere Sprecher des Aktionsbündnisses mitteilten. Das Bündnis
       schien im Streit um einen Baustopp inzwischen kompromissbereit zu sein.
       
       Geißler hatte am Mittwoch mit Vertretern der Deutschen Bahn und der
       baden-württembergischen Landesregierung Gespräche geführt. Ergebnisse
       wurden zunächst nicht bekannt. Ein Sprecher der Landesregierung teilte am
       Mittwochabend lediglich mit, dass Geißler "seine Sondierungen mit den
       Projektpartnern abgeschlossen" habe.
       
       "Wir werden sehen, was Herr Geißler uns von der anderen Seite mitbringt und
       dann am Abend entscheiden, wie es weiter gehen soll", sagte Brigitte
       Dahlbender, von der Umweltschutzorganisation BUND. Werner Korn vom
       Verkehrsclub Deutschland (VCD), der dem Aktionsbündnis der Projektgegner
       angehört, bestätigte dies.
       
       Bislang drohten die Vermittlungsgespräche an der harten Haltung beider
       Seiten im Streit um einen Baustopp während der Gespräche zu scheitern: Den
       von den Projektgegnern geforderten Baustopp auch bei einer geplanten Halle
       für das Grundwassermanagement während der gesamten Schlichtungsphase lehnte
       Bahn-Chef Rüdiger Grube bislang kategorisch ab. Das Fundament für die Halle
       müsse noch vor der Frostperiode gegossen werden, weil sich das gesamte
       Projekt ansonsten um ein halbes Jahr verzögere.
       
       Aus Kreisen der Projektgegner hieß es nun, dass das Aktionsbündnis unter
       Umständen zu Kompromissen bei der Forderung nach einem umfassenden Baustopp
       bereit wäre, wenn die Deutsche Bahn sich ebenfalls bewegt. Den Gegnern sei
       es vor allem wichtig, dass die Zahlen zur Kosten-Nutzen-Rechnung des
       Projekts auf den Tisch kommen und öffentlich werden. Geißler hatte am
       Dienstag gesagt, er wolle sich für eine "Bauunterbrechung" einsetzen, da
       das Wort "Baustopp" zu einem Kampfbegriff geworden sei.
       
       Die Projektgegner wollen eine möglichst transparente Schlichtung des
       Streits um des Bahnprojekt. "Es muss ein öffentlicher Prozess sein", sagte
       der Verkehrsexperte der Grünen-Landtagsfraktion, Werner Wölfle, am
       Donnerstag. Er sprach von einer Übertragung der Schlichtung über
       Großleinwände, Fernsehen oder Internet: "Es nutzt nichts, wenn nur wir die
       Fakten erhalten." Der Stadtrat der SÖS (Stuttgart Ökologisch Sozial),
       Hannes Rockenbauch, betonte: "Das dürfen keine Hinterzimmergespräche
       werden."
       
       "Stuttgart 21" sieht vor, dass der bisherige Stuttgarter Kopfbahnhof als
       Durchgangsbahnhof in den Untergrund verlegt wird. Die Gegner warnen vor
       hohen Kosten, negativen ökologischen Folgen und Sicherheitsgefahren durch
       das Milliardenprojekt. Am Montagabend waren erneut zehntausende Menschen
       auf die Straße gegangen, um gegen das Bauvorhaben zu protestieren. Für
       Samstag ist eine weitere Großkundgebung geplant, zu der nach Angaben des
       Aktionsbündnisses auch der Liedermacher Konstatin Wecker erwartet wird.
       
       Befürworter des Bahnprojekts planten eine weitere Demonstration am
       Donnerstagabend. Unter dem Motto "Laufen für Stuttgart" sollten sich
       Jogger, Radfahrer aber auch Fußgänger am Stuttgarter Staatstheater zu eine
       Kundgebung treffen. An einer ähnlichen Veranstaltung am vergangenen
       Donnerstag hatten sich 4000 Bürger beteiligt.
       
       Gerichtliche Zweifel an der Baumfällung 
       
       Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
       Baumfällarbeiten im mittleren Schlossgarten vor zwei Wochen erhoben. Das
       Gericht legte die Kosten für ein vom Bund für Umwelt und Naturschutz
       Deutschland (BUND) Baden-Württemberg angestrengtes Eilverfahren der Bahn
       auf, "da das Gericht dem Eilantrag höchstwahrscheinlich noch vor Beginn der
       Baumfällarbeiten in der Sache stattgegeben hätte, wenn am Abend des
       30.09.2010 alle entscheidungserheblichen Tatsachen und insbesondere das
       Schreiben des Eisenbahnbundesamtes (EBA) vom selben Tage bekannt gewesen
       wären", wie das Verwaltungsgericht am Donnerstag mitteilte.
       
       In der Nacht zum 1. Oktober waren im Schlossgarten 25 Bäume für "Stuttgart
       21" gefällt worden. Vorangegangen war ein Polizeieinsatz zur Einrichtung
       der Baustelle, Tausende Demonstranten hatten versucht, die Baumfällarbeiten
       zu verhindern. Bei dem Einsatz wurden über hundert Menschen verletzt. Das
       Eisenbahnbundesamt hatte vor Beginn der Baumfällarbeiten in einem Schreiben
       an die DB Projektbau naturschutzrechtliche Bedenken erhoben.
       
       Der BUND Baden-Württemberg hatte vor Beginn der Baumfällarbeiten einen
       Eilantrag gestellt, die Abriss- und Baumfällarbeiten so lange zu stoppen,
       bis diese Bedenken in einem Planergänzungsverfahren geklärt würden. Die
       Verfahrensbeteiligten hatten den Eilantrag selbst aufgrund der erfolgten
       Baumfällarbeiten jedoch für erledigt erklärt.
       
       14 Oct 2010
       
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