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       # taz.de -- Runder Tisch über sexuellen Missbrauch: Täter sollen zahlen, Kirche nur im Notfall
       
       > Die Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch sollen verlängert werden,
       > Opfer sollen kein Vetorecht haben. Die Kirche gibt immer noch keine
       > Zahlen für die Entschädigungen an.
       
   IMG Bild: Beginn der Sitzung des "Runden Tisches Sexueller Kindesmissbrauch" in Berlin, mit Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP, ganz hinten 3.v.l., weiter l-r), Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) und die Missbrauchsbeauftragt
       
       BERLIN taz | Die katholische Kirche hat am Donnerstag erklärt, wie sie
       Opfer sexuellen Missbrauchs entschädigen will. Konkrete Summen wollen die
       Bischöfe allerdings erst noch mit dem runden Tisch der Bundesregierung
       abstimmen.
       
       Das Gremium, das gestern zum zweiten Mal in großer Runde zusammenkam,
       beriet außerdem über erste inhaltliche Empfehlungen aus den Arbeitsgruppen.
       
       Der Vorschlag der Bischofs- und Ordensoberkonferenz zur Entschädigung sieht
       die Einrichtung eines Präventionsfonds vor sowie die Übernahme der
       Therapiekosten von Betroffenen.
       
       Schadenersatz soll prinzipiell von den Tätern erbracht werden, nur
       "subsidiär" will sich die Kirche daran beteiligen. Kirchensteuermittel
       sollen nicht verwandt werden.
       
       Bei den Empfehlungen aus den Arbeitsgruppen des runden Tischs bleiben vor
       allem Fragen der Justiz-AG von Ministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) umstritten. Hierbei geht es unter anderem
       um die Verlängerung der Verjährungsfristen bei Fällen von sexuellem
       Missbrauch.
       
       Nach Vorstellung des Ministeriums soll die zivilrechtliche Frist von
       derzeit drei (gerechnet ab dem 21. Lebensjahr) auf 30 Jahre gestreckt
       werden. Die Frist zeigt an, wie lange Schadenersatzansprüche gestellt
       werden können.
       
       Die Verjährungsfrist im Strafrecht soll hingegen bei fünf Jahren (ab dem
       18. Lebensjahr) belassen werden. Eine Verlängerung würde auch viele andere
       Straftaten betreffen.
       
       Diese Vorschläge gehen der SPD nicht weit genug. Die Bundestagsfraktion
       erklärte am Mittwoch, in den kommenden Wochen einen Gruppenantrag in den
       Bundestag einzubringen, der eine Verlängerung der strafrechtlichen
       Verjährungsfrist auf 20 Jahre vorsehe.
       
       Debattiert wird zudem die Frage, wann die Staatsanwaltschaft in
       Ermittlungen eingeschaltet werden soll. Fest steht offenbar, dass es kein
       Vetorecht für Opfer geben wird. Ermittlungen sollen also auch gegen den
       Willen von Betroffenen eingeleitet werden können.
       
       Die für Prävention zuständige Arbeitsgruppe unter Federführung von
       Familienministerin Kristina Schröder (CDU) sprach sich dafür aus, die
       Einhaltung von Präventionsstandards zur Bedingung staatlicher Förderung von
       Schulen und Vereinen zu machen.
       
       Die dritte beteiligte Ministerin, Bildungsministerin Annette Schavan (CDU),
       kündigte an, mit 32 Millionen Euro Forschungsprojekte zum Kindesmissbrauch
       zu unterstützen. Davon soll der größte Teil, 20 Millionen Euro, in ein
       Forschungsnetz aus Medizinern, Psychologen und Sozialwissenschaftlern
       fließen.
       
       Außerdem will Ministerin Schavan für eine verbesserte Datengrundlage
       sorgen: Die letzte repräsentative Erhebung zum Thema stammt aus dem Jahr
       1992. Gleichzeitig wird von einer hohen Dunkelziffer an Betroffenen
       ausgegangen.
       
       30 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Niklas Wirminghaus
       
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