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       # taz.de -- Windkraftmesse in Husum: "Laufzeitverlängerungen stehen im Weg"
       
       > Fast 1000 Aussteller aus 28 Staaten: Auf der weltgrößten Windmesse in
       > Husum präsentierte sich eine nachhaltig wachsende Branche. Doch in
       > Deutschland ist die Zukunft ungewiss.
       
   IMG Bild: Nachhaltige wachsende Energiequelle: Windräder nahe der südbrandenburgen Ortschaft Sedlitz.
       
       HUSUM taz | Das große Problem der Windenergie ist nicht das launische
       Wetter, sondern das Stromnetz in Deutschland - es ist auf wenige zentrale
       Großkraftwerke und davon oft weit entfernte große Ballungsräume mit Kunden
       ausgerichtet. Strom aus erneuerbaren Energien wird jedoch vor allem auf dem
       flachen Land produziert. Die Netze müssten ausgebaut und optimiert werden,
       damit Windparks den produzierten Strom auch problemlos einspeisen können,
       forderte der Geschäftsführer des Maschinenbauverbands VDMA, Thorsten
       Herdan, deshalb auf der Messe WindEnergy 2010 in der nordfriesischen
       Kreisstadt Husum.
       
       Die Veranstaltung im Nordwesten Schleswig-Holsteins, die am Samstag nach
       fünf Tagen zu Ende ging, hat sich seit ihren kleinen Anfängen 1989 in einer
       ehemaligen Viehauktionshalle zur Leitmesse der globalen Windkraftbranche
       entwickelt. Die Zahl der Aussteller bei der 12. Auflage liegt bei 971 aus
       28 Staaten, an die 40.000 Besucher aus 78 Ländern habe die Einwohnerzahl
       Husums nahezu verdreifacht. "Wir haben hier die gesamte Bandbreite der
       globalen Windkraftbranche", so Messechef Hanno Fecke.
       
       Die Branche ist von der Weltwirtschaftskrise "nicht gebeutelt" worden,
       sondern weist weiter "nachhaltiges Wachstum" auf, wie VDMA-Geschäftsführer
       Herdan vorrechnete. So habe die deutsche Windwirtschaft mit einem Umsatz
       von 6,4 Milliarden Euro im Vorjahr und einer Exportquote von 75 Prozent
       "ihre führende Stellung im Weltmarkt behauptet".
       
       Die könnte sie jedoch wegen der Atombeschlüsse der Bundesregierung
       verlieren, fürchtet Hermann Albers. "Laufzeitverlängerungen von AKWs stehen
       dem Ausbau der erneuerbaren Energien im Weg", sagt der Präsident des
       Bundesverbandes Windenergie (BWE). Er habe den Verdacht, dass die
       Bundesregierung "die Windkraft abschalten will". Als Beleg führt Albers das
       Ziel von 36.500 Megawatt Windstrom an, das im nationalen Energiekonzept für
       das Jahr 2050 definiert wird. "Wir sind jetzt schon bei 26.000 und können
       bereits 2020 problemlos 55.000 erreichen" - es sei denn, der Ausbau werde
       behindert.
       
       Das solle er nicht, versichert Hildegard Müller. Alle Energieunternehmen,
       "ob erneuerbar oder konventionell, müssen enger zusammenrücken", fordert
       die Geschäftsführerin des Verbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)
       von Albers die Kooperation ein, die ihre Lobby der großen
       Energieunternehmen den Ökostromern zwei Jahrzehnte verweigerte. Jetzt sei
       der BDEW "zum ersten Mal in Husum, um den Dialog anzubieten", sagt Müller,
       die bis vor zwei Jahren als Staatsministerin im Kanzleramt Vertraute der
       selbst ernannten "Klimakanzlerin" Angela Merkel (CDU) war.
       
       Albers stellt jedoch klar, dass sich Atom- und Kohlekraftwerke "dem System
       der Erneuerbaren nicht anpassen" könnten: "Ein harmonisches Miteinander der
       Technologien ist ein Märchen der großen Energiekonzerne."
       
       Die technischen Beschränkungen sind dabei durchaus ein großes Problem.
       Zurzeit müssen Windräder bei starkem Wind immer wieder stundenweise
       abgestellt werden, weil Strom aus den unflexiblen Atom- und Kohlekraftwerke
       die Netze verstopft. Der Ausbau werde jedoch nur gelingen, wenn auch die
       Menschen vor Ort überzeugt werden, ergänzte Peter Ahmels von der Deutschen
       Umwelthilfe DUH: "Nur wenn der Netzausbau lokal akzeptiert ist, wird er für
       den Ausbau der erneuerbaren Energien rechtzeitig kommen."
       
       26 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR S.-M. Veit
       
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