# taz.de -- UN-Resolution zum Kosovo: Serbien schluckt Groll herunter
> Sieg durch Diplomatie: 22 EU-Staaten, die die Unabhängigkeit des Kosovo
> anerkannt haben, haben Serbien umgestimmt. Belgrad spricht nicht länger
> von einer "einseitigen Sezession".
IMG Bild: Menschen feiern im Februar 2008 die Unabhängigkeit des Kosovo in Prishtina.
BELGRAD taz | Am Donnerstag hat Serbien bei der UNO-Vollversammlung in New
York eine Kosovo-Resolution eingereicht. Die Resolution ruft zu einem
undefinierten Dialog zwischen Belgrad und Prishtina auf und wird von
Brüssel unterstützt. Serbiens Groll über die Unabhängigkeit kommt mit
keinem Wort mehr zum Ausdruck.
Im Vorfeld hatte die serbische Regierung ihre gesamten diplomatischen
Kapazitäten eingesetzt, um in der UNO eine Kosovo-Resolution durchzuboxen,
die die "einseitige Sezession" verurteilen und Belgrad und Prishtina zu
einem Dialog über "alle" Fragen ermuntern sollte, also auch über die
Statusfrage. Von einer Mehrheit in der UNO unterstützt, sollte diese
Resolution das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs politisch
neutralisieren, laut dem die "Unabhängigkeitserklärung des Kosovo" nicht im
Widerspruch zum Völkerrecht stehe.
Mit einer gezielten diplomatischen Aktion versuchten die 22 EU-Staaten, die
den Kosovo anerkannt haben, Serbien umzustimmen. Von Belgrad wurde
gefordert, den Begriff "einseitige Sezession" zu streichen und auf
"Statusgespräche" zu verzichten. Wenn Serbien nicht einlenke und aufhöre,
den unabhängigen Kosovo zu blockieren, werde das die europäischen
Integrationsprozesse des Landes lahmlegen, hatten die Außenminister
Deutschlands und Großbritanniens, Guido Westerwelle und William Hague, bei
Besuchen in Belgrad klargemacht.
Der Durchbruch kam dann am Dienstagabend, als Serbiens Präsident, Boris
Tadic, und die EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton in Brüssel über einen
Ausweg aus der Sackgasse sprachen. Serbien erklärte sich danach bereit, die
Resolution mit den Forderungen der EU in Einklang zu bringen. Die meisten
Analytiker in Belgrad bezeichneten das als eine "begrüßenswerte"
Kapitulation und kritisierten die Regierung, dass sie sich überhaupt in
diese peinliche Lage gebracht hatte.
Das Einlenken nach den lauten Kampftönen wird sicher innenpolitische
Konsequenzen für Tadic und die von ihm gesteuerte Regierung haben.
Serbische Medien spekulieren, dass der schmerzhafte Rückzieher Serbiens
jedoch schon zum Jahresende mit der Verleihung des EU-Kandidatenstatus
belohnt werden solle. Außerdem könnten die serbischen Enklaven im Norden
und im Süden des Kosovo mit einem Sonderstatus bedacht werden.
9 Sep 2010
## AUTOREN
DIR Andrej Ivanji
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