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       # taz.de -- Federers neuer Trainer: Blumige Düfte für den Diplomaten
       
       > Paul Annacone ist Roger Federers neuer Coach. Er soll den Schweizer bei
       > den US Open wieder in die Erfolgsspur zurückführen. Einst hatte er Pete
       > Sampras betreut.
       
   IMG Bild: Paul Annacone zu der Zeit, als er noch Pete Sampras auf Linie hielt.
       
       NEW YORK taz | Die Stellenausschreibung hätte ungefähr so lauten können:
       Erfahrener Trainer für Spitzenposition gesucht, angenehme Ungangsformen
       erwünscht, teamfähig, flexibel, diskret. Bewerbungen bitte an Roger
       Federer. Aber da in der recht übersichtlichen Welt des Tennis gute Leute
       nicht im Verborgenen blühen, fand Paul Annacone, 47, ohne Inserat seine
       neue Aufgabe. In der Woche vor dem Beginn der US Open hatte Federer die
       kurze Testphase mit dem Amerikaner für abgeschlossen erklärt und hatte
       mitgeteilt, dass der ab sofort zum Team gehöre.
       
       Annacone ist der vierte offizielle Coach des Schweizers nach dem Australier
       Peter Carter, dem Schweden Peter Lundgren und Tony Roche, ebenfalls
       Australier. Dazu gab es vor zwei Jahren ein kleines Zwischenspiel mit dem
       Spanier José Higueras.
       
       Der Neue war in den 80er Jahren selbst Profispieler, Spezialist in Sachen
       Serve & Volley und vor allem im Doppel erfolgreich. Hätte es das
       Bewerbungsschreiben tatsächlich gegeben, dann wären darin seine Arbeit als
       Coach von Pete Sampras und Tim Henman aufgeführt worden. Und hätte er
       wirklich eine Referenz für den neuen Job gebraucht, dann wäre Sampras wohl
       der Richtige dafür gewesen. Der beschrieb Annacones Fähigkeiten einst so:
       "Paul weiß, dass unterschiedliche Menschen auf unterschiedliche Arten
       behandelt werden müssen. Er konnte meinen Charakter und meine Laune immer
       gut einschätzen, wusste genau, welche Ansage ich brauchte und wie er sie an
       den Mann bringen musste. Und genau das ist eine der wichtigsten Qualitäten
       eines hochklassigen Trainers."
       
       Federer, der am Samstag mit einem ungefährdeten 6:4, 6:3, 6:3 gegen den
       Franzosen Paul-Henri Mathieu das Achtelfinale erreichte, versichert, die
       Dinge ließen sich prima an, Annacone passe gut ins Team und die Stimmung
       sei bestens. Vermutlich wundert er sich ein wenig, wenn er wie dieser Tage
       gefragt wird, ob er denn nach der kurzen Zeit der gemeinsamen Arbeit
       Veränderungen in seinem Stil bemerkt habe. Die mit diplomatischer
       Höflichkeit gepolsterte Antwort klang so: "Wenn ich stark spiele, dann kann
       ich jeden schlagen, unabhängig davon, wer in meiner Box sitzt."
       
       Aber in Sachen Diplomatie ist Annacone ein mehr als ebenbürtiger Partner.
       Das bewies er in einem Gespräch in New York mit der Schweizer Presse, in
       dem er über seine ersten Erfahrungen im Team Federer berichtete. Falsch, er
       berichtete nicht. Er schwärmte in höchsten Tönen, um die ihn jeder Tenor
       beneidet hätte.
       
       Schon die ersten Gespräche mit dem neuen Boss seien sehr gut gewesen, sagte
       er, und als er dann das ganze Team um Severin Lüthi getroffen habe, haben
       ihn die Energie, das Interesse und die Leidenschaft jedes Einzelnen
       beeindruckt. Zur Frage, was er nun selbst beitragen könne, meinte er:
       "Hoffentlich meine Erfahrung. Aber ich bin sicher, dass ich viel Spaß haben
       werde. Roger ist so hell im Kopf und sich aller Dinge sehr bewusst. Er
       versteht die Landschaft des Tennis."
       
       Aber sieht er angesichts der frühen Niederlagen von Federer in diesem Jahr
       in den Viertelfinals von Paris (gegen Söderling) und Wimbledon (gegen
       Berdych) einen Anlass, etwas an dessen Spielweise zu ändern? "Ich habe
       Roger dasselbe gesagt wie Pete damals: Es ist ein Segen und ein Fluch, so
       erfolgreich zu sein. Pete hat damals gesagt: Wenn ich ein
       Grand-Slam-Turnier pro Jahr gewinne, dann ist es ein ziemlich gutes Jahr,
       aber Pete war in einem anderen Stadium seiner Karriere. Roger ist kein
       bisschen erschöpft; er hat die Energie eines 22-Jährigen. Das Licht und der
       Spaß in seinen Augen und seine Leidenschaft im Training sind einfach toll.
       Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich von ihm beeindruckt bin."
       
       Als die Zeit um war, verabschiedete sich Mister Annacone in netter Form,
       wünschte allerseits einen guten Tag und verschwand so schnell, wie er
       gesprochen hatte. Die Luft des Raumes war gefüllt mit dem Duft blumiger
       Worte, die einen Sinn ergaben, aber nichts verraten hatten.
       
       5 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Doris Henkel
       
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