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       # taz.de -- Aufhebung des AKW-Verbots: Abstimmung über Schwedens Meiler
       
       > Am heutigen Donnerstag entscheidet das schwedische Parlament über den
       > Ausstieg aus dem Ausstieg. Doch das letzte Wort haben die Wähler.
       
   IMG Bild: Eine Renaissance der Atomkraft in Schweden wird das "Wiedereinstiegsgesetz" nicht unbedingt bedeuten: Ein Reaktor in Südschweden.
       
       STOCKHOLM taz Am Donnerstag wird aller Voraussicht nach eine knappe
       Mehrheit im Parlament in Stockholm ein Gesetz absegnen, das den Neubau von
       Atomreaktoren in Schweden grundsätzlich erlaubt. Seit einer
       AKW-Volksabstimmung 1980 ist bis jetzt sogar die bloße Planung solcher
       Neubauten verboten gewesen. Eine Renaissance der Atomkraft in Schweden wird
       das "Wiedereinstiegsgesetz" aber nicht unbedingt bedeuten. Im Gegenteil.
       Womöglich werden AKW-Neubauten damit auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt.
       
       Einige atomkritische AbweichlerInnen aus den eigenen Reihen der
       konservativ-liberalen Koalition (taz vom 2. 2. 2010) haben dafür gesorgt.
       Zwar sind sie dank mehr oder weniger sanften Drucks und teils über
       Zugeständnisse in ganz anderen Politikbereichen jetzt umgefallen und werden
       für die Aufhebung des AKW-Verbots stimmen. Doch ein Preis dafür ist, dass
       dieses Gesetz nicht wie ursprünglich geplant zum 1. August, sondern erst
       zum 1. Januar 2011 in Kraft treten soll.
       
       Der Aufschub um vier Monate macht einen wichtigen Unterschied. Dazwischen
       liegt nämlich der 19. September: Tag der Parlamentswahlen in Schweden.
       
       Die werden laut allen bisherigen Umfragen Sozialdemokraten, Grüne und Linke
       gewinnen, die sich als Alternative zur jetzigen Regierung zu einer
       rot-rot-grünen Allianz zusammengeschlossen haben. Und mit ihnen wird es
       keine Atomkraftrenaissance geben. Die sozialdemokratische
       Oppositionsführerin Mona Sahlin: "Wir bauen die zukünftige Energiepolitik
       nicht auf Atomkraft." Das Wiedereinstiegsgesetz der alten Regierung würde
       die neue daher auch umgehend wieder außer Kraft setzen.
       
       Doch selbst wenn wider Erwarten die jetzige Regierung die Wahlen gewinnt,
       bedeutet das auch nicht automatisch einen Reaktorneubau. Der
       Energiewirtschaft wäre lediglich die Möglichkeit eingeräumt, an den drei
       bestehenden AKW-Standorten zur Ausmusterung anstehende Altreaktoren durch
       eine gleiche Anzahl von Neubauten zu ersetzen - ohne staatliche
       Subventionen, wie ausdrücklich festgehalten wird. Ein Szenario, das
       vermutlich in diesem Jahrzehnt nicht mehr eintreten wird.
       
       "Der Wähler hat nun die Chance, seine Meinung zu dieser Frage zu sagen",
       betont ein regierungsinterner Atomkritiker, der Zentrumsabgeordnete Sven
       Bergström. Auch Regierungschef Fredrik Reinfeldt sieht die Bevölkerung vor
       der Wahl zwischen der "langfristigen Klima- und Energiepolitik der
       Regierung oder der unsicheren Ausstiegspolitik der Opposition". Das Kalkül:
       Ein Wahlsieg mit Atomkraft als Wahlkampfthema werde den AKW-Kritikern in
       den eigenen Reihen ihre Argumentationsbasis entziehen.
       
       16 Jun 2010
       
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