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       # taz.de -- Abteilungsleiter tritt zurück: Ölbohrer kontrollierten sich selbst
       
       > Nicht gerade mustergültig: Bohrgenehmigungen im Golf von Mexiko gab es
       > auch mal ohne Umweltprüfung, Inspektionen machten die Ölfirmen selbst.
       > Der erste Verantwortliche tritt nun zurück.
       
   IMG Bild: Großes Aufgebot: An den Reparaturversuchen beteiligte Schiffe über dem lecken Bohrloch der gesunkenen "Deepwater Horizon".
       
       WASHINGTON dpa/apn/taz | Die Ölpest im Golf von Mexiko hat nun erste
       personelle Konsequenzen – allerdings auf sehr niedriger Ebene: Der für die
       Kontrolle der Tiefsee-Bohrungen zuständige Abteilungsleiter der US-Behörde
       für Mineralienförderung (MMS), Chris Oynes, nahm am Montag seinen Hut.
       Vorausgegangen war die scharfe Kritik von Präsident Barack Obama am Freitag
       an der "behaglichen" Beziehung zwischen der Behörde und der Ölindustrie.
       
       Obama bezog sich dabei unter anderem darauf, dass die zum Innenministerium
       gehörende MMS (kurz für Minerals Management Service) Bohrgenehmigungen
       erteilt hat, ohne dass vorgeschriebene Untersuchungen über die möglichen
       Umweltfolgen unternommen wurden. Außerdem ließ die Behörde
       Sicherheitsinspektionen auf den Bohrplattformen von den Ölunternehmen
       selbst machen.
       
       Chris Oynes erklärte in einer E-Mail an Kollegen, er werde seinen Posten
       zum Monatsende aufgeben. Oynes war nach Angaben der
       Wirtschaftsnachrichten-Agentur Bloomberg seit 2007 für die Kontrolle der
       Tiefseebohrungen zuständig.
       
       Nun wird er kaum der einzige sein, der von dieser Praxis wusste. Wie weiter
       bekannt wurde, will Obama eine unabhängige Kommission zur Untersuchung des
       Ölunfalls einsetzen – ähnlich jenen Gremien, die nach der Explosion des
       Space-Shuttle "Challenger" 1986 und dem Atomunfall von Harrisburg 1979
       Nachforschungen anstellten.
       
       Eine entsprechende Anordnung werde in Kürze erwartet, berichteten die
       Washington Post und der Sender CNN am Montag unter Berufung auf einen
       Regierungsbeamten. Es dürfte sehr interessant werden zu beobachten, wie
       weit die Mitverantwortung in der Hierachie der US-Regierung hinaufreicht.
       
       Im Kongress beschäftigt sich bereits eine Reihe von Ausschüssen mit den
       Ursachen und Hintergründen der Explosion der Ölplattform "Deepwater
       Horizon" vor vier Wochen und den dramatischen Folgen der dadurch
       ausgelösten Ölpest. Am Montag sagte Heimatschutzministerin Janet Napolitano
       vor einem Senatsgremium aus und verteidigte dabei die Regierungsmaßnahmen
       seit Beginn der Katastrophe.
       
       Im Golf von Mexiko setzte derweil der Ölriese BP seine Bemühungen um eine
       Eindämmung des Ölaustritts fort. Am Wochenende war es gelungen, ein
       Saugrohr in das abgebrochen Steigrohr am Meeresgrund einzuführen, aus dem
       das Öl sprudelt. Seitdem kann ein Teil davon auf ein Bohrschiff geleitet
       werden – nach BP-Angaben bislang vermutlich etwa ein Fünftel des
       austretenden Rohöls.
       
       BP-Manager Doug Suttles bekräftigte am Montag, dass die Menge langsam
       gesteigert werden soll – wenn alles klappt, bis auf die Hälfte des
       aussprudelnden Öls oder sogar mehr. "Das würde uns außerordentlich freuen",
       sagte Suttles.
       
       Wie der BP-Manager weiter schilderte, ist der Ölteppich auf dem Meer
       kleiner als je zuvor seit dem Ölunfall – das hätten jüngste Beobachtungen
       aus der Luft gezeigt. Allerdings haben erst am Wochenende
       US-Wissenschaftler neuen Alarm geschlagen: Sie haben nach eigenen Angaben
       riesige Ölschwaden unter der Wasseroberfläche entdeckt und befürchten, dass
       sie durch Strömungen um den Südzipfel Floridas herum in den Atlantik
       entlang der US-Ostküste getragen werden könnten. Einige Experten glauben,
       dass dieser Prozess sogar schon begonnen hat.
       
       Die US-Behörde für Ozeanographie (NOAA) erklärte am Montag aber, es gebe
       bisher keine endgültigen Schlussfolgerungen über die Zusammensetzung der
       Schwaden, das heißt, es sei bisher nicht erwiesen, dass es sich um Öl
       handele. Admiralin Mary Landry von der US-Küstenwache sagte zudem, es habe
       bisher kein Öl die Strömungen erreicht.
       
       Umweltschützer reichten unterdessen im Zusammenhang mit der Ölpest zwei
       Klagen vor Bundesgerichten in Alabama und Texas ein. Ziel ist, eine
       Bohrinsel des Konzerns BP schließen zu lassen, die ohne vollständige
       technische Unterlagen betrieben wurde.
       
       Die zweite Klage richtet sich gegen die MMS, die internen Unterlagen
       zufolge im April 2008 die Regeln für die Betreiber von Offshore-Projekten
       gelockert hatte. Bestimmte Projekte wurden demnach damals von der
       Verpflichtung, einen Notfallplan vorzulegen, ausgenommen. Seit dem
       Untergang der BP-Bohrinsel "Deepwater Horizon" hat die MMS mindestens acht
       Aufschlussbohrungen genehmigt, obwohl nur minimale
       Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt wurden.
       
       18 May 2010
       
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