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       # taz.de -- Ernährung: Guter Fisch, schwer zu kriegen
       
       > Wer in Bremens Fischgeschäften korrekt gefangenen Fisch kaufen möchte,
       > hat es schwer: Oft wissen die VerkäuferInnen nicht mal, woher die Ware
       > stammt. Eine Stichprobe
       
   IMG Bild: Heringshai, gemeinhin als "Haisteak" verkauft. Wo er herkommt? Unklar!
       
       Gestern ging die Fischmesse "Fish International" zu Ende, das anerkannte
       MSC-Siegel für nachhaltig und umweltverträglich gefischten Fisch war dort
       selten zu sehen. Wir haben es in Fischgeschäften der Bremer Innenstadt
       gesucht - und dort ebenfalls nur selten gefunden. Wir hatten auch den
       "Einkaufsratgeber Fische und Meeresfrüchte" des WWF dabei, der Fische
       verzeichnet, die aus nicht überfischten Gebieten oder guter Zucht kommen,
       und vor anderen warnt. Das Fazit unserer Einkaufstour: Wer Fisch kaufen
       will, den man bedenkenlos essen kann, hat es schwer. Oft scheitert man
       schon an VerkäuferInnen, die nicht wissen, wo der Fisch herkommt, der vor
       ihnen auf Eis liegt.
       
       Zum Beispiel bei "Nordsee" in der Sögestraße. Herkunftsbezeichnungen auf
       den Schildchen mit den Namen der Fische sind selten; als wir nach "Fisch
       mit Siegel" fragen, verweist die Verkäuferin auf die Gerichte des
       Laden-Restaurants. Stimmt, da sind mehrere Gerichte mit dem goldenen Siegel
       der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) ausgezeichnet - das aber
       nichts über Herkunft und Fangbedingungen aussagt.
       
       Als wir nach dem MSC-Siegel fragen, zuckt die Verkäuferin mit den Schultern
       und fragt: "Was ist MSC?" Die Fischereiexpertin des WWF, Karoline Schacht
       findet das "erschütternd", offenbar sei dort dringend eine Schulung nötig.
       Die Verkäuferin bestätigt den Eindruck, als sie sich bei der Frage nach den
       Fanggebieten für Seelachs in den Weltmeeren verirrt: "Nord- und Ostsee",
       antwortet sie. Dazu Schacht: "Seelachs aus der Ostsee gibt es nicht."
       Immerhin: Fisch in Bio-Qualität erhält man bei "Nordsee" auf Bestellung.
       
       Gegenüber in der Lebensmittelabteilung von Karstadt tragen die Verkäufer
       zwar Fischerhemden, können den Kundenwunsch nach gutem Fisch aber kaum
       befriedigen. Unter Eissplittern lagert Goldbarsch aus dem Nordost-Atlantik,
       den man laut WWF-Einkaufsführer nicht kaufen soll. Schacht: "Goldbarsch
       lebt in tiefen Tiefen, die Fischerei ist dort vollkommen unökonomisch."
       Hinzu kommt: Goldbarsch wird spät geschlechtsreif und wächst langsam. Das
       Risiko ist hoch, dass genau die Tiere weggefangen werden, die sich gerne
       vermehrt hätten. Der Karstadt-Verkäufer sagt: "Der Atlantik ist doch groß
       genug, unser Lieferant fährt weit raus." Karoline Schacht findet das "zum
       Piepen". Zwar arbeite Karstadt mit dem Fischereikonzern "Deutsche See"
       zusammen, der sich Nachhaltigkeitskriterien verpflichtet fühle - das aber
       mache den Goldbarsch nicht besser.
       
       Kritisch sieht sie auch den Pangasius aus Vietnam: Er stammt aus
       Zuchtbetrieben, von denen es wegen der starken Nachfrage immer mehr gebe.
       Ohne jegliche Nachhaltigkeitsstandards und unter fragwürdigen
       Umweltbedingungen. Fisch mit MSC-Siegel wird man bei Karstadt vergeblich
       suchen: Da der Einkauf zentral getätigt werde, ließe sich das nicht für
       jedes Karstadt-Haus immer gewährleisten, sagt die Verkäuferin. Schacht
       ergänzt: Das MSC-Siegel darf ein Händler nur führen, dessen Theke
       zertifiziert ist. MSC prüft die Wertschöpfungskette vom Fang bis zum
       Kunden.
       
       Das ist bei Bodes an der Bischofsnadel der Fall. Die Verkäuferin dort kennt
       sich aus, Herkunftsbezeichnungen sind gut sichtbar. Es gibt Seelachs und
       Matjes mit MSC-Siegel, zuletzt sei das Geschäft Ende 2009 überprüft worden.
       Wer korrekte Ware kaufen will, wird bei Bodes fündig - sollte aber
       Vorkenntnisse mitbringen, denn auch dort gibt es Schillerlocken - laut WWF
       "lieber nicht!" kaufen - und Aal, um den es ganz schlecht steht. Jüngst
       empfahl der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES), der auch
       Fangquoten-Empfehlungen gibt, jede Art von Aalfang einzustellen;
       andernfalls sterbe der Fisch aus.
       
       Ahnungslosigkeit dann wieder am "Fisch-Expreß Brake" auf dem Domshof-Markt.
       Die pauschale Antwort auf die Frage nach der Herkunft: "Nordsee". Klingt
       gut, trifft jedoch nicht für jeden der Fische dort zu. Aber viele Kunden
       wollen es vielleicht auch nicht genauer wissen.
       
       23 Feb 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Zimmermann
       
       ## TAGS
       
   DIR Ottfried Fischer
       
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