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       # taz.de -- Kommentar Frankreich und die Burka: Pseudofeminismus gegen Islamismus
       
       > Hinter der fortschrittlichen Rhetorik gegen Burka und Nikab wird eine
       > zusehends unverschleiert daherkommende Islamfeindlichkeit sichtbar. Um
       > Frauenrechte geht es gar nicht.
       
   IMG Bild: Lallab-Gründerin Sarah Zouak (rechts) mit der Feministin Khadija Elhar in Marokko
       
       Mit dem Verfassungsgebot der Gleichheit lässt sich in Frankreich gut
       argumentieren. Wer traut sich schon einem Entscheid zu widersprechen, der
       sich auf die Menschenrechte und den kompromisslosen Kampf für Frauenrechte
       beruft? Geschickt wird von der Pariser Regierung eine Front aufgebaut:
       Feminismus gegen Islamismus. Wer so archaische, frauenfeindliche Symbole
       wie die afghanische Burka nach Frankreich importieren will, muss nach
       Meinung von Immigrationsminister Eric Besson draußen bleiben.
       
       Leider beruft sich Nicolas Sarkozys Regierung nur dann auf die
       Frauenrechte, wenn es ihr gerade in den Kram passt. Ohne Gewissensbisse
       toleriert sie, dass Frauen rund 20 Prozent weniger verdienen als
       erwerbstätige Männer. Oder dass das Recht auf Verhütung und vor allem auf
       den Schwangerschaftsabbruch ernsthaft infrage gestellt wird, weil aufgrund
       gekürzter Subventionen viele Frauenberatungszentren schließen müssen. Sie
       ist darum kaum berechtigt, anderen feministische Lektionen zu erteilen.
       
       Keine Frage, die afghanische Burka ist ein Symbol der Frauenverachtung.
       Fast wäre man geneigt, einem Verbot zuzustimmen, wenn es dem Kampf gegen
       Unterwerfung und Gewalt in der Familie dienen würde. Doch hinter der
       fortschrittlichen Rhetorik gegen Burka und Nikab wird eine zusehends
       unverschleiert daherkommende Islamfeindlichkeit sichtbar. Nicht zufällig
       applaudiert Marine Le Pen vom Front National so begeistert, wenn der
       Schleier zum Hindernis für die Erlangung der französischen
       Staatsbürgerschaft erklärt wird.
       
       Die Pariser Regierung greift Ängste vor einer "Islamisierung der
       Gesellschaft" auf, die von rechten Demagogen geschürt werden. Es geht ihr
       nicht wirklich um die Grundwerte der weltlichen Republik, sondern um
       fremdenfeindliche Phobien. Immigrationsminister Eric Besson hat deshalb
       eine landesweite Debatte über die nationale Identität ins Leben gerufen.
       Der eigentliche Zweck dieser Nabelschau ist es, einzugrenzen, was
       französisch ist, und auszuschließen, was nicht Teil dieser nationalen
       Gemeinschaft sein soll oder darf.
       
       Von dieser Debatte werden nur Klischees und Vorurteile bleiben.
       Patriotismus wird zur Bürgerpflicht erklärt, und Einwanderer sollen kuschen
       statt auffallen. Die Botschaft lautet: Uniformität durch Assimilation statt
       Reichtum und Vielfalt dank "Métissage".
       
       3 Feb 2010
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
   DIR Rudolf Balmer
       
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