# taz.de -- Kommentar Mord im Gericht: Deutschlands langes Schweigen
> Nach der Messerattacke auf eine Ägypterin im Dresdner Landgericht äußert
> sich die Bundesregierung erst jetzt zu dem Vorfall.
lst sie das erste Todesopfer der islamfeindlichen Atmosphäre in
Deutschland? Die Ägypterin Marwa al-Scherbini wurde vor acht Tagen in einem
Dresdner Gericht von dem Angeklagten Axel W. erstochen, er beschimpfte die
Kopftuchträgerin zuvor als Terroristin und Islamistin.
Es hat fast eine Woche gedauert, bis die Bundesregierung nun endlich den
Vorfall verurteilt und bedauert. Dabei muss sie sich den Verdacht gefallen
lassen, dass sie das erst tat, nachdem der Fall in Ägypten, aber auch in
anderen ausländischen Medien hohe Wellen geschlagen hat.
Hätte das große Schweigen in der Politik auch so lange angedauert, wenn ein
Jude in einem deutschen Gerichtssaal niedergestochen worden wäre, nachdem
der Täter zuvor antisemitische Parolen gerufen hätte? Axel W. mag ein
Einzeltäter sein, aber war er nicht von einer weit verbreiteten
antiislamischen Atmosphäre angesteckt?
Wann immer es einen Anschlag muslimischer Fanatiker gab, wurden die
deutschen Politiker nicht müde, Deutschlands Muslime aufzufordern, Stellung
zu beziehen, um den Generalverdacht von sich abzuwenden. Nun stehen die
Deutschen zumindest in Ägypten unter dem Generalverdacht der Islamophobie.
Wo waren in der vergangenen Woche die Stimmen in Deutschland, die den
Anschlag im Gericht verurteilten? Sie waren nicht zu hören. Mit einer ganz
bemerkenswerten Ausnahme. "Man muss kein Muslim sein, um sich gegen
antimuslimisches Verhalten zu wenden, und man muss kein Jude sein, um gegen
Antisemitismus vorzugehen", sagte der Generalsekretär des Zentralrates der
Juden. Danke, Stephan Kramer, für diese deutlichen Worte. So
selbstverständlich sie eigentlich sind, so selbstherrlich wurden sie in der
letzten Woche von der deutschen Politik übergangen.
9 Jul 2009
## AUTOREN
DIR Karim Gawhary
DIR Karim El-Gawhary
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