URI: 
       # taz.de -- FDP-Kritik am Polizeieinsatz: "Es wird ein Nachspiel geben"
       
       > Massiv angreifende Demonstranten standen teilweise unkoordiniert
       > vorgehenden Polizisten gegenüber, bilanziert Björn Jotzo,
       > innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion.
       
       taz: Herr Jotzo, wie lange waren Sie am 1. Mai unterwegs? 
       
       Björn Jotzo: Von 20 bis 2 Uhr.
       
       Sie haben also die Auseinandersetzungen mitbekommen? 
       
       Den Anfang habe ich am Monitor des Polizeipräsidiums mitbekommen. Gegen
       21.30 Uhr bin ich raus nach Kreuzberg gefahren, um mir das Ganze vor Ort
       anzusehen.
       
       Wer war Ihrer Meinung nach für die Auseinandersetzungen verantwortlich: die
       Demonstranten oder die Polizei? 
       
       Was die Wiener Straße anging, gab es eine ganz klare Gewalttätigkeit aus
       der Veranstaltung heraus. Ursache soll angeblich das Verhalten der Polizei
       tagsüber gewesen sein, das kann ich nicht beurteilen. Auf alle Fälle gab es
       massive Steinwürfe aus der Menge heraus und Angriffe auf ungeschützte
       Verkehrspolizisten und auf die Antikonfliktteams. Ich sehe es als absolut
       ungerechtfertigt an, was da passiert ist - das ist auch durch nichts zu
       entschuldigen.
       
       Wie beurteilen Sie das Vorgehen vonseiten der Polizei? 
       
       Ich hatte den Eindruck, dass man mit der Härte der Auseinandersetzung nicht
       gerechnet hatte. Aber ich finde, die Polizei hat an dieser Stelle
       angemessen auf die Ausschreitungen reagiert.
       
       Ging die Polizei härter vor als noch im vergangenen Jahr? 
       
       Das erschien mir beim zweiten Teil der Veranstaltung so, ab ungefähr 22.30
       Uhr in der Adalbertstraße. Ich nehme an, dass das zwei Ursachen hatte. Das
       eine dürfte die vorausgehende Entwicklung gewesen sein. Auf der anderen
       Seite erschien mir das Handeln der Polizei nicht so überlegt und
       verhältnismäßig, wie das in den vergangenen Jahren der Fall war. Damals
       wurde viel gezielter auf Gewalttäter zugegangen, um sie dann zu verhaften.
       Das ist ab 22.30 Uhr in der Adalbertstraße nicht so gut gelungen. Da hatte
       ich den Eindruck, dass die Polizei weniger fokussiert und weniger
       koordiniert vorgegangen ist.
       
       Was ist Ihnen in dieser Nacht in Kreuzberg sonst noch aufgefallen? 
       
       Gegen 22.15 Uhr wurde die Adalbertstraße abgeriegelt: Ein hoher
       Bundespolizist erschien, um einen minutenlangen Fototermin abzuhalten und
       wurde währenddessen von der Bundespolizei geschützt. Die Aktion war nur
       möglich, nachdem die Gewalttätigkeiten praktisch zum Erliegen gekommen
       waren. Was das Ziel war, habe ich nicht verstanden. Aber davon, dass die
       Polizeikette im Rücken für Ordnung sorgen musste, war die Menschenmenge
       natürlich wenig begeistert. In der Folge kam es zu einer Gewalteruption,
       die sich auch die Adalbertstraße hochzog.
       
       Wird es da ein Nachspiel geben? 
       
       Auf jeden Fall. Wir haben bereits eine komplette Aufarbeitung des
       Polizeieinsatzes im Innenausschuss gefordert.
       
       Was könnten die Lehren für das kommende Jahr sein? 
       
       Aus meiner Sicht muss gewährleistet sein, dass die Polizei so vorbereitet
       und so ausgestattet ist, dass sie auch bei einem eskalativen Verlauf mit
       der notwendigen Verhältnismäßigkeit, aber auch Härte vorgehen kann. Bei
       über 250 verletzten Beamtinnen und Beamten kann man jedenfalls nicht mehr
       von einem gelungenen Einsatz sprechen.
       
       4 May 2009
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Nach dem 1. Mai in Berlin: Haftbefehl wegen Mordversuchs
       
       Staatsanwaltschaft wirft vier Männern Mordversuch an Polizisten vor. Sie
       sollen Brandsätze geworfen haben. Die Übergriffe überschatten den
       Gesamteindruck des Abends.
       
   DIR Demo-Anmelder unzufrieden: "Führungslose Polizei"
       
       Die Krawalle seien auch Schuld der Polizei, sagt Kirill Jermak, der
       Anmelder der 18-Uhr-Demo. Die Beamten wären rigider vorgegangen als früher.
       
   DIR Bilanz des 1. Mai in Berlin: Mehr Gewalt als in den Vorjahren
       
       Die Ausschreitungen in Berlin am 1. Mai waren laut dem Berliner
       Innensenator ausschließlich "Randale" - und keine sozialen Unruhen.
       
   DIR ++ LIVETICKER ++ DER 1. MAI IN BERLIN (3): Feierabend mit Scherben
       
       Alles rund um den 1. Mai in Berlin (Teil 3): Berichte vom Nachmittag und
       Abend.
       
   DIR ++ LIVETICKER ++ DER 1. MAI IN BERLIN ++ (1): 50 Festnahmen in friedlicher Walpurgisnacht
       
       Alles rund um den 1. Mai in Berlin (Teil 1): Aktuelle Berichte aus der
       Walpurgisnacht in Friedrichshain und Kreuzberg.
       
   DIR ++ LIVETICKER ++ DER 1. MAI IN BERLIN ++ (2): Antifa applaudiert der Polizei
       
       Alles rund um den 1. Mai in Berlin (Teil 2): Aktuelle Berichte von den
       Protesten gegen das NPD-Fest, von der DGB-Demo un der Mayday-Parade.