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       # taz.de -- Finanzmanager über RWE-Strategie: "Risiko ersten Ranges"
       
       > Die Finanzindustrie will dem Essener Atomkonzern RWE das Geld streichen.
       > Von AKWs wie Belene gehe ein unkalkulierbares Risiko aus.
       
   IMG Bild: "Ein solches Risiko hätte das Management in keinem Fall eingehen dürfen": RWE-Konzernzentrale.
       
       taz: Herr Speich, wie viel hat die Fondsgesellschaft Union Investment beim
       Energiekonzern RWE investiert? 
       
       Ingo Speich: Wir halten 4,5 Millionen Stammaktien. Der Börsenwert dieser
       Papiere beträgt aktuell über 237 Millionen Euro. Wir sind also einer der
       größeren Aktionäre von RWE.
       
       Auf der Hauptversammlung haben Sie die Strategie des RWE-Vorstands als
       nicht zukunftsweisend kritisiert. Warum? 
       
       Weil wir bei der Bewertung von Unternehmen verstärkt auf ökologische und
       soziale Faktoren achten. Für uns sind die klimaschädlichen
       Kohlendioxid-Emissionen der RWE-Kraftwerke ein Zukunftsrisiko ersten Ranges
       - auch ökonomisch. Mit dem Emissionshandel droht ab 2013 eine Kostenlawine.
       Die 105 Millionen Tonnen CO2, die von den Kraftwerken des Konzerns heute
       noch umsonst ausgestoßen werden dürfen, werden RWE ab 2013 rund 2,6
       Milliarden Euro kosten. Das entspricht 75 Prozent des bereinigten
       Netto-Ergebnisses von 2008.
       
       Sie nennen das bulgarische AKW Belene, an dem RWE mit 49 Prozent beteiligt
       ist, eine "tickende Zeitbombe". Lehnen Sie den Atomkurs von RWE-Chef Jürgen
       Großmann also ab? 
       
       Nein, wir sind nicht generell gegen Atomenergie. Von AKWs wie Belene aber
       geht wegen möglicher Beben in der Region ein unkalkulierbares Risiko aus,
       ähnlich wie beim AKW Mülheim-Kärlich, dass im erdbebengefährdeten
       Rheingraben liegt und deshalb zurückgebaut wird, oder wie vom Pannenreaktor
       Biblis. Mögliche Schäden sind damit finanzmathematisch nicht
       quantifizierbar. Ein solches Risiko hätte das Management in keinem Fall
       eingehen dürfen.
       
       Muss RWE den Kurs wechseln? 
       
       Die Bereiche Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung
       werden bei der Unternehmensbewertung künftig massiv an Bedeutung gewinnen.
       In den USA investieren schon 10 Prozent der Anleger in nachhaltige
       Investments. In der Bundesrepublik sind es erst 0,5 Prozent. Doch dieser
       Anteil wird sich verzehnfachen, besonders durch die Pensionskassen, die
       aufgrund ihres langen Anlagehorizonts auf Nachhaltigkeit bedacht sein
       müssen. Die Energieversorger müssen sich dem stellen - sonst wird der
       Kapitalzugang erschwert.
       
       Setzen Sie weiter auf RWE? 
       
       Das kommt auf die Fondsprodukte an, die unsere Anleger bei uns kaufen. In
       den von mir gemanagten Nachhaltigkeitsfonds haben wir die RWE gegenwärtig
       nicht im Bestand.
       
       Weil ihr Wind-, Wasser- und Solarkraftwerke fehlen? 
       
       Das RWE-Management hat diesen Zukunftsbereich vernachlässigt. Ich halte das
       für ein großes Versäumnis. Von sauberer Energieerzeugung wird bei RWE zwar
       immer gesprochen, doch die harten Zahlen geben das nicht her: Von 45
       Gigawatt regenerativer Kraftwerksleistung betreibt RWE nur 1,3 Gigawatt.
       Der große Rest verteilt sich auf die Wettbewerber. Es ist höchste Zeit zu
       handeln! INTERVIEW: ANDREAS WYPUTTA
       
       27 Apr 2009
       
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